Leitsatz (amtlich)

Eine bereits während des Getrenntlebens der Ehegatten bestandskräftige Entscheidung über die elterliche Sorge auf der Grundlage des § 1672 a. F. BGB hat nach Inkrafttreten des Kindschaftsreformgesetzes über die Ehescheidung hinaus Bestand und unterliegt nur der Abänderung nach § 1696 BGB.

 

Orientierungssatz

Bestandskraft von Sorgerechtsentscheidungen nach altem Recht.

 

Normenkette

BGB § 1671 n. F, § 1696 n. F, § 1672 a. F

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird das am 24. November 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Pinneberg im Ausspruch über die elterliche Sorge (Ziffer II. des Tenors) geändert.

Es verbleibt gemäß Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Pinneberg vom 01. Oktober 1997 (49 F 261/97) bei der alleinigen elterlichen Sorge der Antragstellerin für das Kind S., geb. am 19. Juni 1992.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.500,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien haben am 15. März 1991 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist das gemeinsame minderjährige Kind S., geb. am 19. Juni 1992 hervorgegangen. Seit Juli 1997 leben die Parteien voneinander getrennt. S. lebt seither bei seiner Mutter. Nach Trennung der Parteien hat das Amtsgericht – Familiengericht – Pinneberg durch Beschluß vom 01. Oktober 1997 der Antragstellerin für die Dauer des Getrenntlebens die alleinige elterliche Sorge für S. übertragen. Diese Entscheidung beruhte auf einem entsprechenden Vorschlag des zuständigen Jugendamtes und entsprach dem übereinstimmenden Willen der Parteien.

In dem sich anschließenden Scheidungsverbundverfahren hat der Antragsgegner beantragt, die gemeinsame elterliche Sorge für S. anzuordnen. Die Antragstellerin hat dem widersprochen.

Das Amtsgericht hat durch ein am 24. November 1998 verkündetes Urteil die Ehe der Parteien geschieden. Zuvor hatten die Parteien mit familiengerichtlicher Genehmigung am 03. November 1998 den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Weiter hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil die elterliche Sorge für S. in Abänderung des Beschlusses vom 01. Oktober 1997 den Eltern gemeinschaftlich übertragen. Hinsichtlich des Scheidungsausspruches ist das angefochtene Urteil am 10. Dezember 1998 rechtskräftig geworden.

Zur Begründung der Entscheidung über die elterliche Sorge hat das Amtsgericht ausgeführt, es handele sich, da die Entscheidung vom 01. Oktober 1997 nicht bis zur Rechtskraft der Scheidung der Ehe begrenzt gewesen sei, um eine Abänderungsentscheidung nach § 1696 Abs. 1 n. F. BGB. Zwar sei in den tatsächlichen Verhältnissen seit Erlaß des Beschlusses vom 01. Oktober 1997 keine Änderung eingetreten, jedoch hätte sich mit Wirkung vom 01. Juli 1998 die Rechtslage geändert. Die Vorschriften, die das Sorgerecht für minderjährige Kinder regelten, insbesondere die §§ 1687 Abs. 1 und 1671 BGB, seien neu gefaßt worden. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers entspräche es jetzt im Regelfall dem Wohle des Kindes, wenn das gemeinsame Sorgerecht bestehen bleibe. Allein die geänderte Rechtslage rechtfertige daher eine Änderung der am 01. Oktober 1997 getroffenen Entscheidung zugunsten der Anordnung des gemeinsamen Sorgerechts.

Beschränkt auf den Ausspruch zur elterlichen Sorge hat die Antragstellerin gegen dieses Urteil Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, allein die Tatsache der Gesetzesänderung zum 01. Juli 1998 rechtfertige – bei ansonsten unverändert gebliebenen Tatsachen – nicht die Änderung der Entscheidung über die elterliche Sorge.

Der Antragsgegner tritt dem entgegen und ist der Auffassung, es handele sich nicht um eine Abänderungsentscheidung nach § 1696 BGB, vielmehr sei nach Eintritt der Rechtsänderung jetzt eine Erstentscheidung nach § 1671 n. F. BGB zu treffen.

Die nach § 621 e ZPO statthafte und im übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.

Das Familiengericht hat im Ausgangspunkt zutreffend seine Entscheidung über die Übertragung der elterlichen Sorge an den Voraussetzungen des § 1696 Abs. 1 n. F. BGB gemessen. Nach dieser Vorschrift hat das Familiengericht seine Anordnungen zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners erfolgt die hier zu treffende Entscheidung nicht auf der Grundlage des § 1671 n. F. BGB. Dem Senat ist bewußt, daß diese Auffassung nicht unumstritten ist; er hält jedoch an seiner bisherigen Rechtsprechung zu dieser Frage (13 UF 247/98) fest. Schon ihrem Wortlaut nach greift die Vorschrift des § 1671 n. F. BGB nicht ein. Danach kann, wenn Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrenntleben, jeder Elternteil beantragen, daß ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil bereits durch Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Pinneberg vom 0...

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