Verfahrensgang
LG Itzehoe (Aktenzeichen 5 HKO 63/16) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Itzehoe vom 8. September 2017 in Gestalt des "Abhilfebeschlusses" vom 21. Dezember 2017 abgeändert. Die von der Klagepartei an die Beklagtenpartei gemäß § 104 ZPO nach dem Beschluss des Landgerichts Itzehoe vom 14. Juni 2017 zu erstattenden Kosten werden auf 4.032,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten auf 4.024,90 EUR seit dem 14. Juni 2017 und auf weitere 7,11 EUR seit dem 25. Januar 2018 festgesetzt.
II. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beklagte 61,5 % und die Klägerin 38,5 % zu tragen. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 4.295,99 EUR.
Gründe
Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 567 Abs. 2, § 569 ZPO) sofortige Beschwerde der Beklagten ist im tenorierten Umfang begründet.
1. Der "Abhilfebeschluss" des Landgerichts vom 21. Dezember 2017 verstößt gegen das auch im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zu berücksichtigende Verschlechtungsverbot (Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 572 Rn. 40 f). Das Landgericht hätte den mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. September 2017 festgesetzten Gesamtbetrag nicht auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu deren Lasten abändern dürfen.
2. Die Beklagte kann Erstattung einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG, berechnet jeweils nach einem Streitwert von 119.100,00 EUR, sowie einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG verlangen. Die Erstattung von Umsatzsteuer schuldet die Klägerin nicht, weil die Beklagte nach Erklärung ihrer Prozessbevollmächtigten (etwa Seite 3 des Schriftsatzes vom 29. Juni 2017; Bl. 536 d.A.) zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
a) Kommt es - wie hier - zur Trennung eines Prozesses nach § 145 Abs. 1 ZPO, werden aus dem einen gerichtlichen Verfahren zwei (oder mehr) selbständige, voneinander unabhängige Rechtsstreitigkeiten. Über die getrennten Prozesse muss selbständig verhandelt und durch getrennte Urteile entschieden werden. Der Streitwert ist für die getrennten Verfahren neu zu bestimmen nach dem Wert der jeweils maßgeblichen Ansprüche, die fortan in den getrennten Verfahren behandelt werden. Entsprechendes gilt für den Gebührenanspruch des Rechtsanwalts. Bis zur Prozesstrennung liegt nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit vor, nach Trennung mehrere selbständige. Der Rechtsanwalt hat ein Wahlrecht, ob er gegenüber seinem Mandanten die vor Prozesstrennung entstandenen Gebühren nach dem Gesamtstreitwert geltend macht oder die nach Prozesstrennung nach den Einzelwerten entstandenen Gebühren (BGH, Urteil vom 24. September 2014 - IV ZR 422/13, NJW-RR 2015, 189 Rn. 12; Enders in JurBüro 2007, 564, 565). Regelmäßig werden die nach Prozesstrennung entstandenen Gebühren höher sein. Dies kann anders sein, wenn in den getrennten Rechtsstreitigkeiten nicht mehr alle Gebühren anfallen, die vor Prozesstrennung entstanden sind.
Der Kostenerstattungsanspruch des Mandanten richtet sich danach, was der Rechtsanwalt ihm gegenüber zur Abrechnung bringt. Entscheidet sich der Rechtsanwalt für eine Abrechnung der nach Prozesstrennung entstandenen Gebühren, gibt es keine Probleme. Wählt er die Abrechnung der vor der Trennung entstandenen Gebühren, muss hingegen berücksichtigt werden, dass die getrennten Rechtsstreitigkeiten unterschiedliche Verläufe mit voneinander abweichenden Kostengrundentscheidungen nehmen können. Deshalb sind die vor Trennung entstandenen Gebühren aus dem Gesamtstreitwert entsprechend dem Verhältnis der Gegenstandswerte auf die getrennten Verfahren zu verteilen (Enders, aaO S. 567).
b) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte in diesem Verfahren keinen Anspruch auf Erstattung der vollen, vor Prozesstrennung entstandenen Gebühren aus dem Gesamtstreitwert. Berechtigt ist aber der hilfsweise geltend gemachte Erstattungsanspruch in Höhe der nach Prozesstrennung entstandenen Gebühren. Zwar ist vor dem Landgericht Itzehoe nicht mündlich verhandelt worden. Nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr jedoch auch für die Mitwirkung des Rechtsanwalts an außergerichtlichen Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Dass eine solche Besprechung im Anschluss an einen Verhandlungstermin vor dem Landgericht Wiesbaden stattgefunden hat, hat die Beklagte von der Klägerin unwidersprochen vorgetragen.
3. Die Beklagte kann auch die anteiligen Reisekosten und das anteilige Abwesenheitsgeld für die Wahrnehmung eines Verhandlungstermins vor dem Landgericht Offenburg verlangen. Dem Anfall und der Notwendigkeit dieser Kosten hat die Klägerin nicht widersprochen.
4. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO...