Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentümer als "mehrere Personen"

 

Normenkette

RVG §§ 2, 7, 13 Abs. 1 i.V.m. Nr. 1008 Abs. 3 VV

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Beschluss vom 14.02.2008; Aktenzeichen 5 T 305/07)

AG Flensburg (Aktenzeichen 69 II 31/06)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird geändert.

Der Geschäftswert gem. Ziff. II. des Beschlusses des LG vom 28.1.2008 wird auf 6.215,97 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die nach §§ 31 Abs. 3 Satz 1 KostO; 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässige (Erst)Beschwerde (vgl. Palandt/Bassenge, WEG, 65. Aufl., § 48 Rz. 11) ist begründet.

Der Geschäftswert bemisst sich gem. § 48 Abs. 3 WEG a.F. entsprechend dem Interesse aller Beteiligten hier - wovon auch das LG zutreffend ausgegangen ist - nach der Höhe der erstinstanzlich von den Beteiligten zu 1.-3. den Beteiligten zu 4. zu erstattenden außergerichtlichen Kosten nach einem Wert von 64.342,50 EUR, wie in der Kostengrundentscheidung im Beschluss des AG 9.10.2007 angeordnet. Diese Kosten haben die Beteiligten zu 4. in ihrer "Streitwertbeschwerde" vom 4.2.2008 mit insgesamt 6.215,97 EUR berechnet. Das LG ist dieser Berechnung mit Ausnahme des Ansatzes einer zweifach erhöhten Gebühr für mehrere Auftraggeber nach §§ 2, 7, 13 Abs. 1 RVG i.V.m. Nr. 1008 Abs. 3 RVG-VV i.H.v. 2.246 EUR gefolgt. Die von den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 4. beanstandete Absetzung dieser Gebühr durch das LG hält der Senat für unberechtigt.

Die Erhöhung greift ein, wenn Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Bei "derselben Angelegenheit" handelt es sich um die Anfechtung von Wohnungseigentümerbeschlüssen durch die Beteiligten zu 1. bis 3. und ihren Antrag auf Feststellung, dass die Amtszeit des gewählten Verwaltungsbeirats mit der Entlastung in 2006 beendet ist, dem die Beteiligten zu 4. entgegengetreten sind. Die Beteiligten zu 4. traten im Verfahren, wie auch aus den Rubren der gerichtlichen Beschlüsse ersichtlich ist, als die "übrigen (einzelnen) Wohnungseigentümer" und nicht als teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft auf (§ 43 Abs. 4 Nr. 1 und 2, Abs. 1 Nr. 1. und 4. WEG a.F.; BGH NotBZ 2005, 327 [332] - insb. unter Nr. 12.). Die Wohnungseigentümer sind in einem solchen Fall nach einhelliger Auffassung als "mehrere Personen" im Sinne der eingangs genannten Vorschriften anzusehen (vgl. aus der reichhaltigen Rechtsprechung, welche die Erhöhung nach dem Vertrauensgrundsatz noch nach der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch den BGH gem. Beschl. v. 2.6.2005 (BGHZ 163, 154) weiterhin bejaht hat, z.B. BGH vom 8.2.2007 - VII ZB 89/06 - NJW 2007, 1464 und OLG München vom 1.8.2006 - 32 Wx 117/06 - bei Juris).

An der Erteilung des Auftrags durch "mehrere Personen" ändert sich entgegen der Auffassung des LG nichts, wenn - wie hier - die übrigen Wohnungseigentümer bei der Mandatserteilung und im Folgenden durch die Verwalterin vertreten wurden. Zwar wurde hierdurch die Arbeit des Rechtsanwalts möglicherweise erleichtert. Darauf kommt es jedoch in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der Erhöhungsgebühr handelt es sich um eine sog. Pauschgebühr. Nach dem System des Gebührenrechts gelten Pauschgebühren die vom Gebührentatbestand erfassten Tätigkeiten ab, ohne dass es darauf ankommt, ob der Rechtsanwalt im Einzelfall viel oder wenig Arbeit und Mühe aufwenden musste (vgl. BGH JB 1984, 377 [378]). Auch der BGH hat in seiner schon erwähnten Entscheidung vom 8.2.2007 ohne Weiteres die Erhöhung anerkannt, obgleich im zu Grunde liegenden Fall ebenfalls der Verwalter in Vollmacht der Wohnungseigentümer den Klageauftrag erteilt hatte. Anders hätte es gelegen, wenn der Verwalter in Verfahrensstandschaft der Wohnungseigentümer aufgetreten wäre (vgl. BayObLG vom 30.7.1998 - 2Z BR 106/98 - WE 1999, 79). Das war indessen nicht der Fall und auch nach der Antragslage (Passivseite) gar nicht möglich (vgl. Weitnauer/Mansel, WEG, 9. Aufl., Nach § 43 Rz. 16 m.w.N.).

Dementsprechend war die Festsetzung zu ändern.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 31 Abs. 5 KostO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1988434

NJW-RR 2008, 1114

JurBüro 2008, 365

NZM 2008, 530

ZMR 2008, 568

MDR 2008, 713

WuM 2008, 746

ZWE 2008, 356

AGS 2008, 382

Info M 2009, 237

MietRB 2008, 240

IWR 2008, 69

OLGR-Nord 2008, 546

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge