Entscheidungsstichwort (Thema)

Anteilige Kostentragung des Anschlussberufungsführers im Falle des § 522 II ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Anteilige Kostentragung von Berufungs- und Anschlussberufungsführer bei der Zurückweisung einer Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO nachdem eine zulässige Anschlussberufung eingelegt worden ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 92, 97, 100, 522 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen 2 O 61/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten vom 30.10.2007 gegen das am 10.10.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Itzehoe wird aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 2.7.2008 zurückgewiesen (§ 522 Abs. 2 ZPO).

2. Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen:

Der Kläger 54 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) (zum Streitwert 4.652,31 EUR), 56 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) (zum Streitwert 15.166,31 EUR) und 56 % der Gerichtskosten.

Die Beklagte zu 1) 46 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers (zum Streitwert 4.652,31 EUR) sowie 14 % der Gerichtskosten, letztere als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 2).

Der Beklagte zu 2) 44 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers (zum Streitwert von 15.166,31 EUR) und der Gerichtskosten, letztere i.H.v. 14 % als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1).

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Der Berufungsstreitwert wird im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) auf 4.652,31 EUR und im Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) und für die Gerichtskosten auf 15.166,31 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Berufung war gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert.

Auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 2.7.2008 wird Bezug genommen. Die ergänzenden Ausführungen der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 11.8.2008 rechtfertigen eine andere Entscheidung nicht. Auch bei Unterstellung des vom LG nicht zur Kenntnis genommenen, streitigen Vorbringens der Beklagten zur mündlichen Gestattung der Untervermietung an Frau A durch den Kläger als zutreffend, läge eine wirksame Kündigung des Mietvertrages nicht vor. Den Beklagten wäre es in diesem Fall nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB nicht gestattet, sich auf die fehlende Schriftform der von ihnen behaupteten Änderungsvereinbarung nach den §§ 578 Abs. 1, 2, 550 BGB - und damit des Mietvertrages insgesamt - zu berufen, die eine ordentliche Kündigung des befristet abgeschlossenen Mietvertrages ermöglichte. Die von den Beklagten gegenüber dieser Bewertung im Schriftsatz vom 11.8.2008 angeführten Rechtsprechungs- und Literaturhinweise sind nicht dazu geeignet, eine abweichende Beurteilung des Senats zu begründen. Auch der Senat geht mit den von den Beklagten zitierten Entscheidungen BGH NZM 2008, 687 und BGH NZM 2004, 97 f. sowie Emmerich (Staudinger, BGB, Kommentar, 2006, § 550 Rz. 40) davon aus, dass sich grundsätzlich jede Partei auf die fehlende Einhaltung der Schriftform des § 550 BGB berufen kann und dies nur in Ausnahmefällen nach § 242 BGB ausgeschlossen ist. Dieser Ausnahmefall liegt hier jedoch vor, da der ursprünglich formwirksam abgeschlossene Mietvertrag nach dem Vortrag der Beklagten nur in Folge einer zu ihren Gunsten mit dem Kläger vereinbarten Vertragsänderung - der Gestattung der Untervermietung - die Schriftform nicht mehr einhält. In dieser Fallgruppe lässt der BGH in der bereits zitierten Entscheidung NJW 1975, 1653 f. die Berufung auf § 242 BGB gegenüber einer geltend gemachten Nichteinhaltung der Schriftform zu. Auch Staudinger/Emmerich (a.a.O., Rz. 41) gestattet unter dem Gesichtspunkt des Verbots des widersprüchlichen Verhaltens eine Berufung auf den Formmangel in dieser Konstellation nicht.

Mit der Zurückweisung der Berufung der Beklagten hat die Anschlussberufung des Klägers gem. § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verloren.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 100 Abs. 2, 4 ZPO sowie der entsprechenden Anwendung der §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO und berücksichtigt das Unterliegen und Obsiegen der Parteien im Hinblick auf Berufung und Anschlussberufung.

Bei einer Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ist die Frage, wer die durch eine - wie hier - zulässige Anschlussberufung, die nach § 524 Abs. 4 ZPO wirkungslos geworden ist, entstandenen Kosten zu tragen hat, in der Zivilprozessordnung nicht geregelt. Während nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH (vgl. NJW-RR 2005, 727 f.; NJW-RR 2006, 1147 f.; NJW-RR 2007, 786 f.) der Berufungsführer, der auf einen Hinweis gem. § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO die Berufung zurücknimmt, gem. § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO auch die Kosten der Anschlussberufung zu tragen hat, ist die Frage umstritten, wer die Kosten einer (zulässigen) Anschlussberufung nach Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO ...

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