Leitsatz (amtlich)

1. Wird eine unselbständige Anschlussberufung dadurch wirkungslos, dass die Hauptberufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückgewiesen wird, trägt der Hauptberufungskläger grundsätzlich die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich derer, die durch die Anschlussberufung ausgelöst wurden.

2. Die Belastung des Hauptberufungsklägers auch mit den durch die Anschlussberufung ausgelösten Kosten ist nicht davon abhängig, dass der Berufungsbeklagte seine Anschlussberufung ausdrücklich nur unter der Bedingung eingelegt hatte, dass die Hauptberufung nicht schon durch Beschluss zurückgewiesen wird.

 

Normenkette

ZPO §§ 97, 522 Abs. 2 S. 1, § 524 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 20.03.2012)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 20.3.2012 wird zurückgewiesen. Das Endurteil ist nunmehr ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens (einschließlich der Anschlussberufung) zu tragen.

III. Die Anschlussberufung ist wirkungslos.

IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 39.316,89 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zur Begründung nimmt der Senat auf den Hinweis vom 12.7.2012 Bezug, hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen ergänzend auf das angefochtene Urteil (§ 522 Abs. 2 ZPO). Die Ausführungen im Schriftsatz vom 17.8.2012 veranlassen keine Änderung der hier vertretenen Rechtsauffassung.

1. Die Beklagte wendet sich erneut gegen die (vom Senat gebilligte) Meinung des LG, wonach zwischen ihr und dem Kläger ein Vertrag über Betriebshilfe zustande kam. Die Beklagte wirft die Frage auf, welchen Inhalt dieser Vertrag gehabt haben könnte. Diese Frage ist dahingehend zu beantworten, dass die Beklagte - wie im Hinweis ausgeführt (Seite 4) - eine gegen Entgelt arbeitende Betriebshilfe suchte. Der Begriff "Betriebshelfer" beschreibt in ausreichendem Maß den Inhalt des zustande gekommenen Vertrags. Dabei ist die Verkehrssitte zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 611 Rz. 25). Auf der Internet-Seite des Maschinenrings ..., an den sich auch die Beklagte gewandt hatte, heißt es zur Betriebshelfertätigkeit:

"Unsere Helferinnen und Helfer der Sozialen Betriebshilfe sind unverzichtbare Partner der landwirtschaftlichen Familienbetriebe im Ringgebiet. Fällt jemand aus, ist schneller Ersatz unbedingt notwendig. Ob im Stall, der Außenwirtschaft oder im Haushalt, stets können wir schnell und unbürokratisch fleißige und kompetente Hilfe vermitteln. Sei es um einen Ausfall einer Arbeitskraft wegen Unfall, Krankheit oder sogar Tod zu überbrücken, oder um einer jungen Mutter zur Hand zu gehen. Dafür haben sich junge sowie erfahrene Landwirte bereiterklärt, die alle selbst im heimischen Betrieb aktiv sind."

Der Betriebshelfer hatte in dem landwirtschaftlichen Betrieb der Beklagten Hilfe zu leisten, das heißt, die infolge Krankheit und Tod des Ehemanns der Beklagten unerledigt gebliebenen Arbeiten sowie - wenn die Beklagte vorübergehend abwesend war - die unaufschiebbaren Arbeiten zu übernehmen, um die Weiterführung des landwirtschaftlichen Unternehmens sicherzustellen. Hierzu gehörten etwa das Reinigen eines verstopften Güllekanals, das Herrichten von Futter für das Vieh, Reparaturarbeiten und andere Verrichtungen, wie sie in der vom Kläger vorgelegten handschriftlichen Aufstellung genannt sind.

Naturgemäß konnte die Beklagte im Jahr 2007 den genauen Inhalt der Tätigkeit des Klägers nicht schon für einen längeren Zeitraum im Voraus festlegen. Dass die geschuldeten Arbeiten erst im Lauf des Vertragsverhältnisses konkretisiert wurden, steht aber der Annahme eines Vertrags nicht entgegen. Ja, es kann sogar von einer stillschweigenden Vereinbarung ausgegangen werden, soweit die Beklagte den Verrichtungen des Klägers nicht widersprach (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O.). Ein derartiger Widerspruch ist von keiner der Parteien vorgetragen.

Die Beklagte beanstandet, bei der in der handschriftlichen Aufstellung genannten Tätigkeit "H. F. und G. T. mit Essen versorgt" handele es sich nicht um eine übliche Betriebshelfertätigkeit. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Die Versorgung der beiden Personen erfolgte, während die Beklagte sich drei Wochen lang in Slowenien aufhielt, und kann daher durchaus zu den unaufschiebbaren Aufgaben gehört haben. Näheres brauchte der Kläger hierzu nicht vorzutragen, da die Beklagte sich bisher auf unsubstantiiertes Bestreiten beschränkt hatte (vgl. Hinweis, Seite 6).

2. Die Beklagte hält an ihrer Ansicht fest, wonach kein Vertrag zwischen ihr und dem Kläger, sondern vielmehr einer mit dessen Vater zustande gekommen sei. Die von der Beklagten hierfür angeführten Argumente veranlassen jedoch nicht dazu, die im Hinweis vertretene Rechtsmeinung aufzugeben.

a) Die Beklagte trägt nun vor, sie habe die Besprechungen, welche sie ...

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