Entscheidungsstichwort (Thema)

Schweigen des Beklagten im PKH-Verfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Nimmt der Beklagte im Prozesskostenhilfeverfahren zum Antrag des Klägers keine Stellung, kann sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung nicht aus diesem Grunde wegen Mutwilligkeit abgelehnt werden (im Anschluss an OLG Schleswig v. 6.7.2005 – 15 WF 152/05, OLGReport Schleswig 2005, 808).

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 118 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Itzehoe (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 76 F 1091/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der ihm Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des AG Itzehoe - FamG - vom 17.1.2006 i.d.F. des der Beschwerde nicht abhelfenden Beschlusses vom 23.2.2006 geändert.

Dem Beklagten wird unter Beiordnung des Rechtsanwalts Brüggen in Itzehoe Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung bewilligt, soweit die Klägerin Ehegattenunterhalt verlangt.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässig angebrachte Beschwerde ist auch begründet.

Zutreffend hat das AG in der angefochtenen Entscheidung hervorgehoben, dass der Beklagte an dem Prozesskostenhilfeverfahren der Klägerin nicht zur aktiven Teilnahme verpflichtet. Er erhält gem. § 118 Abs. 1 ZPO lediglich die Gelegenheit zur Stellungnahme, die er jedoch nicht wahrzunehmen braucht. Bei unterlassener Stellungnahme drohen keine prozessrechtlichen Nachteile.

Nimmt er zum Prozesskostenhilfeantrag der Klägerseite nicht Stellung, kann nach Klageerhebung sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung deshalb grundsätzlich nicht wegen Mutwilligkeit versagt werden (OLG Schleswig v. 6.7.2005 - 15 WF 152/05, OLGReport Schleswig 2005, 808; OLG Karlsruhe v. 29.8.2001 - 5 WF 133/01, OLGReport Karlsruhe 2002, 267 = FamRZ 2002, 1132). Mutwillig handelt eine Partei dann, wenn sie bei der prozessualen Verfolgung ihrer Rechte einen Weg einschlägt, den eine Partei, die für die Kosten selbst aufkommen müsste, nicht wählen würde (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rz. 30).

Dem AG ist zuzugeben, dass diese Voraussetzungen u.U. auch dann gegeben sein können, wenn die Partei auf ein Prozesskostenhilfegesuch zunächst nicht reagiert und Einwendungen erst nach Klagezustellung vorbringt (OLG Düsseldorf v. 15.1.1997 - 3 WF 234/96, FamRZ 1997, 1017). Das OLG Oldenburg hat dazu in seiner in OLGReport Oldenburg 2002, 177 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt: Die Gewährung rechtlichen Gehörs vor der Bewilligung von Prozesskostenhilfe dient dazu, die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung beurteilen zu können. Eine Partei, die sich zu Unrecht in Anspruch genommen glaubt, erhält so bereits im Vorfeld die Gelegenheit, von vornherein unbegründeten Ansprüchen durch ihre Sachdarstellung entgegenzutreten. Eine verständige, ihre finanziellen Interessen wahrende Partei nimmt diese Gelegenheit auch wahr. Denn bei dieser Ausgangslage ist nicht zu erwarten, dass sie aus einem obsiegenden Urteil etwaige Ansprüche auf Kostenerstattung gegen die klagende Partei realisieren kann. Mit einer fristgerecht eingereichten Erwiderung kann sie daher verhindern, selbst mit Kosten eines unnötigen Prozesses belastet zu werden.

Eine sachliche Erwiderung der beklagten Partei auf das Prozesskosten-hilfegesuch der klagenden Partei kann jedoch nur dann erwartet werden, wenn die beklagte Seite nach ihren persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten zu einer solchen Erwiderung auch imstande ist und z.B. eindeutig unzutreffende Behauptungen der klagenden Seite richtig stellen kann. Um einen solchen Fall handelt es sich jedoch regelmäßig dann nicht, wenn Unterhalt begehrt wird und die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage von einer mehr oder minder komplizierten Berechnung, der Anwendung von Unterhaltstabellen und Selbstbehaltsätzen oder Wertungsfragen abhängt (so OLG Schleswig v. 6.7.2005 - 15 WF 152/05, OLGReport Schleswig 2005, 808).

Vorliegend würden die an den Beklagten zu stellenden Anforderungen überspannt, wenn er selbst und ohne zu Hilfenahme anwaltlicher Beratung nach Übersendung der Klage und des Prozesskostenhilfegesuchs der Klägerin hätten erkennen können und müssen, dass sein relativ kurzfristiger Bezug von Krankengeld anstelle von Arbeitslohn entscheidende Auswirkungen auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage haben konnte. Schon die der Klage und dem Prozesskostengesuch beigefügte Mangelfall-Unterhaltsberechnung dürfte für den Beklagten selbst nicht nachvollziehbar gewesen sein. Insoweit musste ihm zugebilligt werden, anwaltlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Dass der von ihm gewählte Anwalt nicht tätig werden wollte, ohne dass er die Aussicht hatte, dafür eine Vergütung zu erhalten, ist nicht zu beanstanden. Somit kann dem anwaltlich beratenen Beklagten nicht vorgeworfen werden, dass er zum Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin keine Stellung nahm, sondern erst auf die förmlich zugestellte Klage erwiderte.

Da das AG im angefochtenen Beschluss die hinreichende Erfolgsaussicht für die Re...

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