Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für Einschränkung des Versorgungsausgleichs
Leitsatz (amtlich)
Die grobe Unbilligkeit eines uneingeschränkten Versorgungsausgleichs muss sich aus einer Gesamtschau der beiderseitigen wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse ergeben. Dabei ist ein eheliches Fehlverhalten des Berechtigten einzubeziehen und auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit er während der Ehezeit seine sonstigen familiären Pflichten erfüllt hat.
Normenkette
BGB § 1587c
Verfahrensgang
AG Neumünster (Urteil vom 08.04.2009; Aktenzeichen 49 F 570/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird das Urteil des AG - Familiengericht - Neumünster vom 8.4.2009 hinsichtlich der Folgesache Versorgungsausgleich geändert und wie folgt neu gefasst:
Zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei der ... Schleswig-Holstein (Pers.-Nr. ...) werden auf dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Nord Rentenanwartschaften von monatlich 1.118,81 EUR, bezogen auf den 31.7.2008, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den geschiedenen Eheleuten gegeneinander aufgehoben. Die außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten werden nicht erstattet.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien heirateten am 6.9.1974. Die Antragstellerin ist von Beruf ..., der Antragsgegner Inhaber eines ... betriebes. Die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder A und B sind volljährig. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner am 16.8.2008 zugestellt worden.
Die Antragstellerin arbeitete als selbständige ... und betrieb in ... die "...", welche sie Ende der 80er Jahre käuflich erworben hatte. Am 1.8.2010 wurde über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet und Herr D aus Kiel zum Insolvenzverwalter bestellt. Seit dem 2.8.2010 arbeitet die Antragstellerin als abhängig Beschäftigte 15 Stunden in der Woche bei einer anderen ...
Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1.9.1974 bis zum 31.7.2008 erwarb die Antragstellerin Versorgungsanwartschaften, und zwar:
1. bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr. ...): monatlich 189,27 EUR;
2. bei der ... Schleswig-Holstein eine ehezeitliche Monatsrente i.H.v. 2.898,22 EUR.
Der Antragsgegner ist selbständiger ... meister in X. Den ... betrieb und die dazugehörigen Grundstücke, auf welchen sich auch das gemeinschaftliche Haus befindet, übernahm er von seinen Eltern. Jedenfalls ein Grundstück des Antragsgegners ist zwischenzeitlich als Bauland ausgewiesen. Der Antragsgegner ist darüber hinaus Eigentümer des Hauses, in welchem sich die ... der Antragstellerin befand. Der Antragsgegner hat zur Sicherung der Schulden für die ... eine Grundschuld auf seinen ... betrieb eintragen lassen. Darüber hinaus hat er am 4.10.2006 eine Bürgschaft für die Verbindlichkeiten der Antragstellerin ggü. der Sparkasse ... übernommen. Aus dieser Bürgschaft nimmt die Sparkasse ... ihn derzeit auf Zahlung von 550 EUR monatlich für die Zinsverbindlichkeiten der Antragstellerin ggü. der Sparkasse ... sowie auf weitere 79.000 EUR in Anspruch. Der Antragsgegner hat sich an der Erziehung der beiden gemeinsamen Kinder beteiligt.
Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1.9.1974 bis zum 31.7.2008 erwarb der Antragsgegner Versorgungsanwartschaften, und zwar:
1. bei der Deutschen Rentenversicherung Nord (Vers.-Nr. ...): monatlich 393,01 EUR;
2. bei der Alterskasse für den ... eine ehezeitliche Monatsrente i.H.v. 256,87 EUR.
3. bei der ... Lebensversicherung AG zwei private Rentenversicherungsverträge (Vers. nrn ...) mit ehezeitlichem Deckungskapital i.H.v. (7.127,65 EUR + 37.950,80 EUR =) insgesamt 45.078,45 EUR.
Durch Verbundurteil vom 8.4.2009 hat das AG - Familiengericht - Neumünster die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass vom Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Nord Rentenanwartschaften von monatlich 49,70 EUR, bezogen auf den 31.7.2008, übertragen werden. Darüber hinaus hat das Familiengericht dem erstinstanzlichen Antrag der Antragstellerin entsprochen und den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Das Verbundurteil ist hinsichtlich des Scheidungsausspruches seit dem 12.9.2009 rechtskräftig.
Mit der Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen den weitgehenden Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Er behauptet, die Feststellung des Familiengerichts, er habe eine 20jährige Liebesaffäre mit einer guten Freundin der Antragstellerin unterhalten, entspreche nicht der Wahrheit. Er sei in diese Freundin zwar verliebt gewesen, habe die Liebesbeziehung bis zum Jahr 2006 aber nicht ausgelebt. Außerdem habe er die sich aus der ehelichen Leb...