Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis des Erbrechts bei fehlenden öffentlichen Urkunden

 

Leitsatz (amtlich)

Wer die Erteilung eines Erbscheins als gesetzlicher Erbe beantragt und das Verhältnis, auf dem sein Erbrecht beruht, ausnahmsweise gem. § 2356 Abs. 1 S. 2 BGB durch andere Beweismittel als öffentliche Urkunden nachweisen darf, muss Beweismittel vorlegen, die ähnlich klare und hinreichend verlässliche Schlussfolgerungen wie eine öffentliche Urkunde ermöglichen, so dass an die Anforderungen regelmäßig strenge Maßstäbe anzulegen sind. Ein ausreichender Nachweis fehlt, wenn ihm die vollständige Darstellung des Verwandtschaftsverhältnisses gem. § 2354 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht möglich ist und es denkbar bleibt, dass die Linien zum Erblasser unterbrochen sind, soweit es um die erforderliche blutmäßige Abstammung oder ein ihr gleichzusetzendes Verhältnis geht.

 

Normenkette

BGB §§ 2354, 2356

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Beschluss vom 15.09.2008; Aktenzeichen 7 T 44/08)

AG Lübeck (Aktenzeichen 5 VI 1338/07)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Lübeck vom 15.9.2008 wird zurückgewiesen.

Die Antragsstellerin trägt die Kosten des qeiteren Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert des Weiteren Beschwerdeverfahrens beträgt 30.000 EUR.

 

Gründe

I. Im Erbscheinsverfahren macht die Antragsstellerin geltend, als Cousine der am ... 1906 in T in Ostpreußen geborenen und am ... 1984 in L verstorbenen Erblasserin erbberechtigt - neben den übrigen Beteiligten zu 2) bis 5) - zu sein.

Die Erblasserin wurde als Tochter von K und A, geb. G geboren. Die verwitwete Erblasserin hatte keine Kinder und keine Geschwister.

Zur Sicherung des Nachlasses und zur Ermittlung der Erben wurde eine Nachlasspflegschaft eingerichtet. Auf die öffentliche Aufforderung des AG Lübeck vom 19.8.1986 meldeten sich mehrere Erbenermittler. Es wurden verschiedene Hinweise auf Erben aus der väterlichen Linie der Erblasserin, jedoch keine urkundlichen Nachweise der Erbberechtigung erbracht.

Das AG - Nachlassgericht - Lübeck stellte am 10.9.1987 fest, dass andere Erben als der schleswig-holsteinische Fiskus nicht vorhanden seien.

Am 14.11.2007 reichte der frühere Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin, der in dieser Sache auch als Erbenermittler tätig war, für diese einen Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins ein, und zwar zu 1/3 zugunsten der Antragsstellerin, zu 1/3 zugunsten der nachverstorbenen Beteiligten zu 5) und zu je 1/9 zugunsten der Beteiligten zu 2) bis 4). Die Antragsstellerin gibt an, dass alle Benannten von einer Tante der Erblasserin abstammen würden. Diese Tante sei die Urgroßmutter der Beteiligten, eine Frau B, geb. G.

Die Abstammungsurkunden der Beteiligten zu 2) bis 4) wurden vorgelegt. Zudem wurden Abschriften aus den Familienstammbüchern und Heiratsurkunden vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass alle Beteiligte eine gemeinsame Großmutter hatten, Frau S, geschiedene K, geborene B. Diese war die Tochter von Frau B, geborene G. Dies wird durch die Vorlage der Heiratsurkunden, in denen jeweils die Eltern der Eheleute aufgeführt sind, nachgewiesen. Auch die Geburtsurkunde von A K, spätere F, der Mutter der nachverstorbenen Beteiligten zu 5) wird vorgelegt. Allerdings konnten weder die Abstammungsurkunden der Erblasserin selbst, deren Eltern und die Abstammungsurkunden der den Miterben gemeinsamen Urgroßmutter beigebracht werden. Stattdessen berufen sich die Beteiligten zum Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses, auf dem ihr Erbrecht beruhen soll, auf eine in Kopie vorgelegte, nicht datierte und nicht unterschriebene Auskunft der Erblasserin gegenüber einer Stelle zur Feststellung von Vertreibungsschäden. Hier habe die Erblasserin angegeben, dass es sich bei einer Frau F um ihre Cousine handele und dass sie von dieser und deren Ehemann ... laufend freiwillige Leistungen in Form von Unterkunft und Verpflegung erhalte. Bei dieser F handele es sich um die Mutter bzw. Tante der Beteiligten, die mit vollständigem Namen ... hieß.

F sei mit einem E verheiratet gewesen und ebenfalls in T geboren worden. Die gemeinsame Verwandtschaft der Antragstellerin und der Erblasserin würde über die gemeinsame Großmutter S, gesch. K, geb. B sowie deren Mutter und Großeltern vermittelt. Die Namen der Großeltern der Erblasserin seien nicht bekannt.

Die Antragsstellerin meint, dass die Angabe der Erblasserin, "F" (so die dortige Schreibweise dieses Namens) sei ihre Cousine, ausreiche, um nachzuweisen, dass das erbrechtsbegründende Verwandtschaftsverhältnis bestehe.

Das Nachlassgericht hat den Antrag auf Erteilung des gemeinschaftlichen Erbscheins mit Beschluss vom 4.1.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar ein Ausnahmefall des § 2356 Abs. 1 S. 2 BGB gegeben sei, die vorgelegte Unterlage - die Kopie eines Beiblattes zum Antrag der Erblasserin auf Feststellung von Vertreibungsschäden - zum Beweis der Richtigkeit ihrer Angaben zur Ab...

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