Entscheidungsstichwort (Thema)
Richterablehnung in einer Familiensache: Sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs bei zwischenzeitlich ergangener Hauptsacheentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Das Rechtsschutzinteresse für eine sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs fehlt dann, wenn zwischenzeitig bereits eine Entscheidung in der Hauptsache vorliegt, gegen die ein Rechtsmittel statthaft ist.
Verfahrensgang
AG Flensburg (Entscheidung vom 15.09.2015; Aktenzeichen 96 F 133/15) |
Tenor
1. Der Antrag des Antragsgegners vom 20. September auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Richterablehnung wird zurückgewiesen.
2. Die sofortige Beschwerde des Antraggegners vom 20. September 2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Flensburg vom 15. September 2015, durch den das Ablehnungsgesuch vom 15. September 2015 als unzulässig verworfen worden ist, wird als unzulässig verworfen.
3. Der Antragsgegner trägt die Kosten der sofortigen Beschwerde.
4. Der Beschwerdewert wird auf 3000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Antraggegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 15. September 2015, mit dem der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen hat, ist gemäß §§ 6 Abs. 2 FamFG, 46 Abs. 2, 565 ff. ZPO unzulässig. Der nach § 46 Abs. 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an sich statthaften sofortigen Beschwerde des Antraggegners fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur war bis zur Entscheidung des BGH vom 18.10.2006 (XII ZB 244/04, FamRZ 2007, 274-275) streitig, ob das Rechtsschutzbedürfnis einer sofortigen Beschwerde gegen den zurückweisenden Ablehnungsbeschluss tatsächlich wegfällt, wenn, wie hier, die Instanz unter Mitwirkung des abgelehnten Richters vollständig abgeschlossen ist. Der BGH (a.a.O.) hat sich der Auffassung angeschlossen, dass das Rechtsschutzinteresse für die Beschwerde gegen die Ablehnung der Befangenheit dann fehlt, wenn gegen die Entscheidung in der Hauptsache - wie hier - ein Rechtsmittel statthaft ist. Der Ablehnungsgrund ist dann nämlich in der Beschwerdeinstanz als Verfahrensfehler geltend zu machen (BGH a.a.O. m.w.N.; Keidel-Zimmermann, FamFG, 18 Aufl., § 6 Rn. 56). Ziel einer Richterablehnung ist es, den abgelehnten Richter an der (weiteren) Mitwirkung in dem Verfahren zu hindern. Dieses Ziel kann nicht mehr erreicht werden, wenn eine die Instanz abschließende Entscheidung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ergangen ist.
Im Übrigen wäre die sofortige Beschwerde auch unbegründet. Das Amtsgericht hatte bereits den ursprünglichen Terminverlegungsantrag vom 18. August 2015 (Bl. 75 GA) mit Beschluss vom 20. August 2015 (Bl. 79 GA) abgelehnt. In Kindschaftssachen gilt das Vorrang- und Beschleunigungsgebot, eine Terminverlegung ist nur aus zwingenden Gründen zulässig (§ 155 Abs. 2, S. 4 FamFG). Entsprechende zwingende Gründe hatte der Antraggegner in seinem Verlegungsantrag vom 18. August 2015 weder dargelegt noch glaubhaft gemacht (§ 155, Abs. 2, S. 5 FamFG). Eine "Terminkollision mit dem Amtsgericht ..." ist nicht unbedingt ein zwingender Grund für eine Terminverlegung. Einen besonderen Vorrang des Termins in ... hat der Antraggegnervertreter weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Es gab mithin einen sachlichen Grund, den Terminverlegungsantrag zurückzuweisen. Das Ablehnungsgesuch des Antraggegnervertreters vom 15. September 2015 (eingegangen per Fax um 11:23 Uhr, Bl. 113 GA) war unzulässig und missbräuchlich. Mit Verfügung vom 13. August 2015 (Bl. 68 GA) hatte das Amtsgericht den ursprünglich auf den 17. August 2015 anberaumten Termin auf Dienstag, den 15. September 2015, 13:30 Uhr verlegt (Bl. 68 GA). Dieser Umstand war dem Antraggegnervertreter bereits seit dem 18. August 2015 (= Zustellung der Umladung) bekannt. Dem Ablehnungsgesuch fehlte mithin das Rechtschutzbedürfnis, weil damit nur verfahrensfremde Zwecke (nämlich eine Aufhebung des Termins) erreicht werden sollte. Das Amtsgericht hat mithin zu Recht das Ablehnungsgesuch als unzulässig zurückgewiesen.
Aus den vorgenannten Gründen ist auch der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Richterablehnung zurückzuweisen. Die Beschwerde des Antragsgegners hat insoweit gem. §§ 76 FamFG, 114 ff.ZPO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, KV 1912 der Anlage 1 zum FamGKG.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 45 FamGKG. Der Streitwert des Ablehnungsverfahrens bei der Richterablehnung bemisst sich nach dem vollen Wert der Hauptsache (OLG Koblenz, Beschluss vom 01.12.1997, 4 W 617/97, NJW-RR 1998,1222)
Fundstellen
Dokument-Index HI11196515 |