Entscheidungsstichwort (Thema)
Grobe Fahrlässigkeit beim Kfz-Kauf hinsichtlich der Berechtigung des Verkäufers
Leitsatz (amtlich)
1. Wer von einer in den Fahrzeugpapieren als Halterin eingetragenen juristischen Person ein Kfz kaufen will, muss die Berechtigung der für diese handelnden Person vor allem dann sorgfältig prüfen, wenn ungewöhnliche Umstände - hier das Drängen des Verkäufers auf schnelle Abwicklung des Geschäfts an einem Sonntag, auf der Straße und zu einem sehr günstigen Preis - hinzutreten.
2. Dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit kann der Käufer nicht mit dem Argument entgehen, die tatsächlich unterlassene aber gebotene Nachprüfung der Berechtigung des Verkäufers hätte voraussichtlich zu keinem anderen Ergebnis geführt.
Normenkette
BGB § 932
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 07.10.2005; Aktenzeichen 2 O 329/04) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 7.10.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Kiel (Az. 2 O 329/04) wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt als Eigentümerin von dem Beklagten die Herausgabe eines Fahrzeugs, das der Beklagte gutgläubig erworben haben will.
Die Firma A GmbH beantragte am 19.3.2004 über die Firma B GmbH in W den Abschluss eines Leasingvertrages über ein Fahrzeug Typ VW NFZ Transporter Multivan TDI mit 128 kW und Sonderausstattung (Alufelgen 17, Bordcomputer, CD-Wechsler, elektrische Fensterheber, Metallic-Lackierung, Navigation Plus, Nebelscheinwerfer, Telefonvorbereitung, Tempomat und Zentralverriegelung) für die Dauer von 48 Monaten. Ausweislich der Leasingbedingungen der Klägerin für Geschäftsfahrzeuge ist der Leasinggeber Eigentümer und der Leasingnehmer Halter des Fahrzeugs (VIII Nr. 1, 4). Die Klägerin erwarb das Fahrzeug von der Firma B GmbH zum Kaufpreis von 45.000 EUR. Die Klägerin zahlte den vereinbarten Kaufpreis. Das Fahrzeug wurde aufgrund des Leasingvertrages der Firma A GmbH überlassen. Das Fahrzeug wurde ausweislich des Kaftfahrzeugbriefes, der sich im Besitz der Klägerin befindet, am 25.6.2003 zugelassen und am 5.4.2004 auf die Firma A GmbH umgeschrieben. Dem Beklagten fiel am 22.5.2004 im Internet ein Angebot auf, nach welchem ein VW Multivan T5, Erstzulassung 06/03, mit einer Laufleistung von 25.000 km und kleineren Unfallschäden für 22.900 EUR zum Verkauf angeboten wurde. Bereits am folgenden Tag nahm der Beklagte Kontakt mit dem Verkäufer "C" - in Wahrheit D - auf, besichtigte das Fahrzeug in Dortmund und unternahm eine Probefahrt. Er ließ sich den Fahrzeugschein und den Kraftfahrzeugbrief vorlegen und überprüfte die Daten. Er fragte den Verkäufer, ob dieser zu einem Verkauf des Fahrzeugs bevollmächtigt sei, was dieser bejahte. Der Verkäufer erklärte darüber hinaus, er sei zusammen mit seinem Bruder "Eigentümer" der GmbH. Da der Beklagte nicht ausreichend Bargeld dabei hatte, wollte er die Abwicklung des Kaufvertrages zunächst auf die darauffolgende Woche verschieben. Der Verkäufer bestand jedoch auf einem Vertragsschluss und der Abwicklung am selben Tag und erklärte, es gebe viele Interessenten. Der Beklagte nahm daher telefonisch Kontakt zu seinem Arbeitgeber auf, der sich bereit erklärte, ihm das Geld zur Verfügung zu stellen. Ein anderer "Chef", der Neffe des eigentlichen, bestätigte ihm auf entsprechende Nachfrage, dass die Erklärung des Verkäufers ausreichend sei. Er selbst habe auch bereits Firmenfahrzeuge ohne eine schriftliche Vollmacht verkauft. Gemeinsam begaben sich die Beteiligten daraufhin von Dortmund nach Hannover, weil der Beklagte dort das Geld von seinem Arbeitgeber erhalten sollte. Auf einem Parkplatz wurden die Papiere und die Schlüssel sowie der Kaufpreis von 22.900 EUR in bar übergeben. Der Beklagte erhielt vom Verkäufer zwei Schlüssel, das Serviceheft und Aufkleber für das Fahrzeug. Bei dem vom Kläger und "C" unterzeichneten Kaufvertrag handelt es sich um ein ausgefülltes Vertragsformular des ADAC für den privaten Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs. In dem Kaufvertrag ist die Verkäuferin mit "a GmbH" bezeichnet, und der Verkäufer bestätigt darin, dass das Fahrzeug nach seiner Kenntnis nicht gewerblich genutzt wurde. In dem mit Hilfe eines entwendeten Blankoformulars gefälschten Kraftfahrzeugbrief ist die Halterin des Fahrzeugs ebenfalls mit "a GmbH" bezeichnet, während sie in dem ebenfalls gefälschten Fahrzeugschein als "A GmbH" bezeichnet ist. In dem Kraftfahrzeugbrief ist als Datum der Erteilung der allgemeinen Betriebserlaubnis der 25.6.2004 angegeben, ein Datum der Bescheinigung fehlt. Als Datum der Zulassung des Fahrzeugs ist der 25.6.2003 angegeben. Der Beklagte übersandte der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 1.7.2004 eine Kopie ...