Entscheidungsstichwort (Thema)
Kreuzungsunfall bei ungeklärtem Rotverstoß
Leitsatz (amtlich)
Zur Haftungsverteilung bei einem Zusammenstoß im Kreuzungsbereich, wenn ungeklärt bleibt, welches Fahrzeug bei "rot" in den Kreuzungsbereich eingefahren ist.
Zur Frage der Ersatzfähigkeit der Mehrwertsteuer.
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 01.03.2004; Aktenzeichen 2 O 330/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 1.3.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Itzehoe teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 8.059,27 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 14.10.2003 sowie weitere 1.500 Euro (Schmerzensgeld) zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger 50 % seines zukünftigen materiellen Schadens sowie seinen zukünftigen immateriellen Schaden unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote von 50 % aufgrund des Verkehrsunfalls v. 6.5.2003 in Heide, Kreuzungsbereich H.er-Straße/H.-Straße/S.-Straße zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen bzw. übergegangen sind.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger 53 % und die Beklagten 47 %.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen R. und I., Kläger und Beklagte zu 1) wurden persönlich gem. § 141 ZPO angehört. Wegen des Inhalts wird auf die Sitzungsniederschrift v. 5.8.2004 verwiesen. Des Weiteren hat der Senat eine amtliche Auskunft des Landrates des Kreises D. eingeholt zu der Frage, ob es am Unfalltage zu Störungen in der Ampelschaltung im Bereich der Unfallstelle gekommen ist; letztlich war zur Ergänzung des Sachverhalts die Bußgeldakte Kreis D. 010.990 780 Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die zulässige Berufung des Klägers, mit der er weiterhin Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von materiellem Schadensersatz i.H.v. 18.081,97 Euro nebst gesetzlicher Zinsen seit dem 17.6.2003, zudem Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie Feststellung der umfassenden Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftige materielle und immaterielle Schäden erstrebt und auf deren Zurückweisung die Beklagten antragen, ist teilweise begründet.
Die Beklagten haften dem Kläger dem Grunde nach gem. §§ 7, 17, 18 StVG, 3 PflVG gesamtschuldnerisch auf Ersatz von 50 % seiner materiellen Schäden. Gemäß §§ 11 S. 2 StVG, 253 BGB sind sie unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverursachungsanteiles des Klägers zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes verpflichtet.
Dass die Kollision im Kreuzungsbereich H. er.-Straße/H.-Straße/S.-Straße zwischen dem Fahrzeug des Klägers und dem von der Beklagten zu 1) geführten und bei der Beklagten zu 2) gegen Haftpflichtschäden versicherten Fahrzeug durch höhere Gewalt i.S.v. § 7 Abs. 2 StVG verursacht worden wäre, scheidet von vornherein aus, wird auch von keiner der Parteien behauptet.
Ebenso wenig ist den Parteien der Unabwendbarkeitsbeweis i.S.v. § 17 Abs. 3 bzw. der Beweis mangelnden Verschuldens i.S.v. § 18 Abs. 1 S. 2 StVG gelungen.
Zwar steht fest, dass entweder der Kläger oder aber die Beklagte zu 1) unter Missachtung des Rotlichts in den Kreuzungsbereich eingefahren ist und dadurch den Unfall verursacht hat, denn sog. "feindliches Grün" scheidet nach der Auskunft des Kreises D., bei der sich u.a. die Protokolldaten über den Unfalltag, den 6.5.2003 hinsichtlich der Ampelanlage im Kreuzungsbereich befinden, aus.
Welcher der beiden Fahrzeugführer allerdings unter Missachtung des Rotlichts in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, steht nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht fest. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte zu 1) haben durchaus glaubhaft angegeben, sie seien jeweils bei Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren, wobei der Kläger bekundet hat, er habe dabei quasi noch aus den Augenwinkeln gesehen, dass die Ampel auf Gelb umgesprungen sei.
Für die Richtigkeit der Darstellung des Klägers spricht zwar auf den ersten Blick die Aussage des Zeugen R., der den Kreuzungsbereich in Gegenrichtung zum Kläger mit seinem Lkw passiert hat. Dieser hat angegeben, er sei bei Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren, völlig überraschend für ihn sei von rechts ein Fahrzeug gekommen; er habe seinen Lkw kurz abbremsen müssen, sei dann weitergefahren, habe einen Knall gehört und im Rückspiegel gesehen, wie sich ein Mercedes gedreht habe. Er sei dann mit seinem Fahrzeug ausgangs der Kreuzung in Fahrtrichtung Rendsburg stehen geblieben, dabei seien noch Pkws an ihm vorbeigezogen, die ihm nachgefolgt seien.
Bedenken gegen die Richtigkeit der Angaben des Zeugen R. ergeben sich aber allein schon aus dem von ihm geschilderten Ab...