Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfungsumfang bei Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteils
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil ist der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts darauf beschränkt, ob ein Fall der schuldhaften Säumnis vorgelegen hat. Eine Prüfung, ob das erste Versäumnisurteil verfahrensrechtlich zu Recht ergangen ist, findet nicht statt.
2. Zu den Voraussetzungen des "Verhandelns" i.S.d. §§ 333, 345 ZPO.
Normenkette
ZPO §§ 333, 345, 514
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung gegen das zweite Versäumnisurteil des LG Lübeck vom 18.7.2005, AZ 10 O 276/04, wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen seine Verurteilung durch ein zweites Versäumnisurteil.
Die Parteien waren verheiratet. Ihre Ehe ist rechtskräftig seit dem 28.3.2000 geschieden. Sie stritten vor dem LG um den Ausgleich einer Forderung der PSD-Bank als Gesamtschuldner. Die Klägerin reichte zunächst ein Prozesskostenhilfegesuch mit einem Klageentwurf ein. Das LG bewilligte am 21.10.2004 Prozesskostenhilfe und beraumte einen Termin zur mündlichen Verhandlung an. Die Zustellung einer Klageschrift unterblieb dabei. Der Beklagte rügte in der Folgezeit, ihm sei keine Klage zugestellt worden. Die Klägerin reichte einen Schriftsatz vom 11.11.2004 ein, der als Leistungsklage überschrieben war, ein abgekürztes Rubrum enthielt und mit einem Klageantrag versehen war. Dieser Schriftsatz wurde dem Beklagtenvertreter am 25.11.2004 zugestellt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.1.2005 rügte der Beklagtenvertreter die ordnungsgemäße Zustellung der Klageschrift. Das Gericht verurteilte den Beklagten am Schluss der Sitzung nach Antrag der Klägerin durch Versäumnisurteil antragsgemäß zur ratenweisen Zahlung von 5.665,32 EUR. Der Beklagte legte hiergegen mit Schriftsatz vom 21.1.2005 eingehend bei dem LG am 24.1.2005 Einspruch ein und lehnte den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Klägerin reichte einen weiteren Schriftsatz ein, der einen Klageantrag und die vollständige Bezeichnung der Parteien enthielt. Der Schriftsatz wurde dem Beklagtenvertreter am 7.2.2005 zugestellt. Nachdem das Schleswig-Holsteinische OLG mit Beschl. v. 30.5.2005 das Ablehnungsgesuch des Beklagten gegen den Einzelrichter für begründet erklärt hat, reichte die Klägerin einen weiteren mit einem vollem Rubrum versehenen Schriftsatz ein, der dem Beklagtenvertreter am 22.6.2005 zugestellt wurde. Auf die mündliche Verhandlung vom 18.7.2005 wurde der Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil durch ein zweites Versäumnisurteil verworfen. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung vom 18.7.2005 wird auf das Protokoll Bezug genommen.
Gegen die Verurteilung wendet sich der Beklagte mit der Berufung.
Er trägt hierzu vor, dass schon das erste Versäumnisurteil nicht habe ergehen dürfen, da schon im ersten Verhandlungstermin ein ungesetzliches Versäumnisurteil ergangen sei. Auch vor dem Termin am 18.7.2005 sei keine ordnungsgemäße Klagezustellung erfolgt. Außerdem habe der Beklagte in dieser Sitzung verhandelt. Ein Sachantrag sei hierzu nicht erforderlich gewesen. Die Rüge der Nichtzustellung der Klage habe ausgereicht. Auch nach dem Versäumnisurteil sei keine wirksame Klagezustellung bewirkt worden. Die Zustellung des Schriftsatzes vom 31.1.2005 sei nicht mit dem Willen des Gerichts erfolgt. Weiter habe wegen der Richterablehnung das Verfahren stillgestanden. Bei der Zustellung am 22.6.2005 sei nicht mitgeteilt worden, dass die Zustellung als Klage erfolge. Es habe deshalb am Zustellungswillen gefehlt. Darüber hinaus sei bei der Zustellung der Schriftsätze keine Aufforderung zur Klageerwiderung ergangen.
Der Beklagte beantragt, das 2. Versäumnisurteil des LG Lübeck vom 18.7.2005, Geschäftszeichen 10 O 276/04, aufzuheben und den Rechtsstreit an das LG Lübeck zurückzuverweisen; aufgrund der begründeten Besorgnis der Befangenheit, den Rechtsstreit einer anderen Kammer des LG Lübeck zuzuweisen; hilfsweise unter Abänderung des Versäumnisurteils vom 18.7.2005 das Versäumnisurteil vom 17.1.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung ist unbegründet.
Bei der Berufung gegen das zweite Versäumnisurteil ist gem. § 514 Abs. 2 ZPO der Prüfungsumfang eingeschränkt. Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass ein Fall der schuldhaften Säumnis im Termin, auf den das angefochtene zweite Versäumnisurteil ergangen ist, nicht vorgelegen habe. Daneben ist nicht zu überprüfen, ob das erste Versäumnisurteil nicht hätte ergehen dürfen, weil die Klage unzulässig oder nicht schlüssig war.
Der Beklagte war im auf den Einspruch anberaumten Verhandlungstermin schuldh...