Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 14 HKO 170/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. März 2018 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen I - des Landgerichts Kiel abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 90 % und die Beklagte 10 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 6.558,04 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger, zum 31. Dezember 2016 ausgeschiedenes Mitglied der beklagten Genossenschaft, begehrt zur Überprüfung seines Auseinandersetzungsguthabens von der Beklagten Abschriften des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2016 nebst Gewinn- und Verlustrechnung und zugehörigem Prüfungsbericht des Genossenschaftsverbandes sowie eine Abschrift des Protokolls der ordentlichen Generalversammlung vom 11. Mai 2017, hilfsweise Einsicht in die genannten Unterlagen. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Sachverhalts sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Hilfsanträge unter Klagabweisung im Übrigen stattgegeben und einen entsprechenden Anspruch des Klägers auf § 810 BGB gestützt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese weiterhin eine vollständige Klageabweisung verfolgt. Ihr Berufungsvorbringen ergibt sich aus der Berufungsbegründung vom 24. Mai 2018 nebst Anlagen (Bl. 83 - 125 d.A.) sowie aus dem ergänzenden Schriftsatz vom 26. Juli 2018 (Bl. 143 - 149 d.A).
Sie beantragt,
die Klage unter Aufhebung des am 23. März 2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Kiel, Az. 14 HKO 170/17, abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung abzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sein Vorbringen in zweiter Instanz ergibt sich aus der Berufungserwiderung vom 18. Juli 2018 (Bl. 133 - 138 d.A.) sowie ergänzend aus den Schriftsätzen vom 20. Juli 2018 (Bl. 141 d.A.) und 6. August 2018 (Bl. 151 - 152 d.A.).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15. August 2018 haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Einsicht in das Protokoll der ordentlichen Generalversammlung vom 11. Mai 2017 nach Aushändigung einer teilweise geschwärzten Abschrift des Protokolls durch die Beklagte übereinstimmend für erledigt erklärt.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat, soweit über sie noch zu entscheiden ist, Erfolg. Die Klage ist insoweit unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 810 BGB auf Einsichtnahme in den Jahresabschluss der Beklagten für das Geschäftsjahr 2016 nebst Gewinn- und Verlustrechnung (dazu unten 1.) und den zugehörigen Prüfungsbericht des Genossenschaftsverbandes (dazu unten 2.).
1. Jahresabschluss der Beklagten für das Geschäftsjahr 2016 nebst Gewinn- und Verlustrechnung
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsichtnahme in den Jahresabschluss der Beklagten für das Geschäftsjahr 2016 nebst Gewinn- und Verlustrechnung. Vom Landgericht zutreffend erkannt, kommt als Anspruchsgrundlage für ein Einsichtsrecht Klägers nach seinem Ausscheiden aus der Genossenschaft allein § 810 BGB in Betracht. Danach besteht ein Recht auf Einsicht in eine Originalurkunde unter anderem dann, wenn die Urkunde zumindest auch im Interesse des Anspruchstellers errichtet wurde und an der Einsicht ein rechtliches Interesse besteht.
Ein rechtliches Interesse an einer Einsicht besteht, wenn eine solche zur Förderung, Erhaltung oder Verteidigung einer rechtlich geschützten Position benötigt wird, so etwa wenn sich der Berechtigte über das Bestehen oder den Umfang eines Rechts Gewissheit verschaffen will (Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 810 Rn. 2).
Dies ist im Hinblick darauf, dass die Beklagte gemäß § 339 HGB hinsichtlich des festgestellten Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats veröffentlichungspflichtig ist und der Jahresabschluss mit Bilanz, Lagebericht, Bericht des Aufsichtsrats, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang veröffentlicht worden ist, nicht der Fall. Dem Kläger sind die begehrten Informationen damit aus allgemeinen Quellen zugänglich.
Die insoweit vom Kläger erhobene Rüge verspäteten, weil erst zweitinstanzlichen Vortrags der Beklagten greift nicht durch. Tatsache und Zeitpunkt der Veröffentlichung sind zwischen den Parteien unstreitig. Neues unstreitiges Vorbringen aber kann unabhängig von den Zulassungsvoraussetzungen des § 531 Abs. 2 in das Berufungsverfahren eingeführt werden (BGH, Urteil vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03, BGHZ 161, 138 Rn. 11 ff).
Anderes ergibt sich auch nicht aus der Erwägung des Klägers, dass der Anspruch nach § 810 BGB auf Einsicht in die Originalurkunde gerichtet sei. Der Kläger vermengt insoweit Voraussetzungen und Inhalt des geltend gemachten Anspruchs.
Anhaltspunkte dafür, dass die veröffentlichte Fassung vom festgestellten Jahresabschluss abweichen könnte und von daher ein Interesse an der Einsicht in das Original bestünde, sind nicht dargetan oder anderw...