Leitsatz (amtlich)
1. In einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehen kraft Gesetzes keine Entnahmebeschränkungen für die Gesellschafter. Verfügungen über Gesellschaftsmittel zugunsten eines Gesellschafters sind zulässig, soweit sie durch einen entsprechenden Gewinn der Gesellschaft gedeckt sind.
2. Der Straftatbestand einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) kann nicht als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB eingestuft werden.
3. Zu den Umständen des Einzelfalls, wann eine Hausverwaltertätigkeit nur gegen Zahlung einer entsprechenden Vergütung erwartet werden kann (§ 612 Abs. 1 BGB).
4. Grobe Fahrlässigkeit i.S.v. § 199 BGB liegt insbesondere dann vor, wenn der Geschädigte, der sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe beschaffen könnte, die auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit nicht ausnutzt.
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 28.01.2015; Aktenzeichen 2 O 113/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten vom 25.2.2015 wird das am 28.1.2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Itzehoe geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. auf das Konto der ... Hausverwaltung bei der ... Sparkasse (BLZ:...) 820 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.5.2014 zu zahlen.
2. dem Kläger in folgende Unterlagen Einsicht zu gewähren, und zwar in den jetzigen Verwaltungsräumlichkeiten der Beklagten in der ...:
a. die Verwaltungshauptakten für die Hausobjekte ...
b. die für jeden einzelnen Mieter angelegte Mieterakte pro Objekt,
c. das den laufenden Geschäftsbetrieb zugrunde liegende Buchhaltungs- Verwaltungsprogramm des W-Verlages inklusive aller gespeicherten Daten,
d. Bankauszüge der Hypovereinsbank für alle fünf Objekte ab 2002 bis 2005, aufgegliedert in je eine Akte für jedes der fünf Objekte,
e. Leitzordner mit Steuerunterlagen für alle 5 vorstehend aufgeführten Objekte.
3. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe der am 21.5.2014 gezahlten 10.559,22 EUR erledigt ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen der Kläger 78 % und die Beklagte 22 %. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, es sei denn die Beklagte leistet vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.
Gründe
I. Die Parteien sind Geschwister und jeweils hälftig Miteigentümer folgender Immobilien:
1. Wohnungseigentümergemeinschaft F-straße 18 - 20 in I. (11 Eigentumswohnungen sowie zusätzlich Fremdverwaltung von drei weiteren Wohnungen in dem Objekt),
2. L-barg 21 - 23 in I. (12 Wohneinheiten)
3. R-straße 1 in I. (6 Wohneinheiten und 8 Garagen)
4. K-weg 2 in M. (4 Wohneinheiten)
5. A-straße 1 in G. (5 Wohneinheiten).
Die Parteien hatten bereits seit 1974 damit begonnen, Immobilien zu erwerben, um diese wohnungswirtschaftlich zu nutzen. Dabei verfolgten sie den Zweck, nahezu ohne Eigenkapital die Immobilien zu erwerben (insgesamt wurden in den vergangenen 40 Jahren sieben Immobilien erworben), diese anschließend gewinnbringend zu vermieten und mit den erwirtschafteten Mietüberschüssen weitere Immobilien zu erwerben bzw. den Bestand weiter zu entwickeln. Die Immobilien wurden jeweils in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erworben. Die Verwaltung der Wohnungen erfolgte über viele Jahre in Eigenregie. Der Verwaltungsaufwand steigerte sich jedoch, nachdem zum 1.7.1998 zunächst das Objekt L-barg und zum 1.7.1999 die Objekte R-straße und F-straße in I. erworben wurden. Die Objekte wurden zunächst von der Beklagten und ihrem am 20.12.2011 verstorbenen Ehemann G.-E. betreut und verwaltet. Von beiden war deshalb erstmals bereits im Jahr 2000 die Zahlung einer gesonderten Verwaltervergütung gefordert worden. G-E. arbeitete in Vollzeit beim Straßenbauamt I. und war nebenberuflich als gewerblicher Hausverwalter tätig (Gewerbeanmeldung vom 7.1.1993 "Beratungsbüro Bau- und Haustechnik" mit Ummeldung vom 10.1.2001 "Hausverwaltung Immobilien). In den Jahren 2001 bis einschließlich 2006 übernahm der Kläger die Verwaltung/Buchhaltung aller Objekte, die technische Betreuung der Immobilien erfolgte weiterhin durch G.-E.. Während der Zeit der Verwaltung/Buchführung des Klägers, der im Hauptberuf als Agraringenieur einen Milchviehbetrieb bewirtschaftet, wurden - bis auf das Jahr 2004 - jeweils nur Verluste erwirtschaftet. Die von den Parteien bestehende Grundstücksgemeinschaft soll deshalb sogar in Zahlungsschwierigkeiten geraten sein. Im Jahr 2007 vereinbarten die Parteien deshalb, dass nunmehr die komplette Verwaltung/Buchführung aller Objekte wieder von der Beklagten und ihrem Ehemann erledigt werden sollte. Die Buchhaltung und Hausverwaltung wurde in das Haus der Beklagten nach H. verlagert.
Nach dem Tod von G.-E. (20.12.2011) und dem Tod des gemeinsamen Vaters der Part...