Entscheidungsstichwort (Thema)

Schriftformerfordernis, Vertretungsbefugnis, Beweislast und fristloser Kündigungsgrund im Rahmen eines Gewerbemietverhältnisses/Pachtverhältnisses bei unberechtigter Weiternutzung/Umschreibung einer Internetdomain des Verpächters/Gewerbevermieters durch den Pächter/Mieter

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 19.02.2021, Az. 7 O 217/20, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Landgerichts Itzehoe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 36.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Räumung und Herausgabe einer Veranstaltungsimmobilie als Pachtobjekt und Herausgabe von Inventar durch die Beklagte nach fristloser Kündigung des Pachtvertrags.

Zwischen den Parteien besteht ein Pachtverhältnis vom 04.03.2020 (Anlage K 2.1, Bl. 23ff. d.A.). Das Pachtverhältnis ist auf die Dauer von zwei Jahren befristet mit einer Option für die Beklagte, es um 3x2 Jahre zu verlängern. Diese Option ist ausgeübt worden; eine ordentliche Kündigung durch die Klägerin ist damit ausgeschlossen. Vereinbart ist ein Pachtzins von 1,- EUR zuzügl. MwSt. Ob eine Betriebskostenvorauszahlung vereinbart ist und wenn ja, in welcher Höhe, ist streitig.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben.

Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Räumung aus § 596 BGB. Das Pachtverhältnis sei durch die außerordentliche Kündigung vom 30.09.2020 aufgelöst worden. Ein Grund für die außerordentliche Kündigung liege vor. Das Gericht sei davon überzeugt, dass im Umkreis von X. sich die Leute erzählten, dass der Geschäftsführer der Klägerin ... (wird ausgeführt). Das Gericht sei nach der Durchführung der Beweisaufnahme auch davon überzeugt, dass die Geschäftsführerin der Beklagten zusammen mit dem Zeugen A. die Verbreitung der Geschichte bewirkt habe. Die mitgeteilten Äußerungen über den Geschäftsführer der Klägerin seien auch nicht nur bloß harmloser Unfug. Der Geschäftsführer sei durch die streitgegenständlichen Äußerungen nicht unerheblich in seiner Ehre verletzt. Solche Ehrverletzungen seien Nebenpflichtverletzungen, die grundsätzlich zur Kündigung berechtigen könnten, denn der notwendige Schweregrad sei vorliegend erreicht. Die Würdigung der Gesamtumstände führe auch zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere sei bei der Abwägung berücksichtigt worden, dass der Beklagten auf dem Markt kein vergleichbar günstiger Pachtzins angeboten werden werde. Ob der Vertrag auch nach § 138 Abs. 2 BGB wegen auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sittenwidrig sei, insbesondere vor dem Hintergrund der Labilität der Verstorbenen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, könne somit offenbleiben. Auch die Rechtsfragen der weiteren Kündigungen bräuchten nicht entschieden zu werden.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie sich auch weiterhin gegen den Räumungs- und Herausgabeantrag verteidigt.

Die Kündigung vom 30.09.2020, die das Landgericht für durchschlagend erachte, genüge nicht der Schriftform des § 568 BGB. Zusätzlich bedürfe es des Zugangs der Kündigung beim Kündigungsempfänger. Auch daran fehle es. Außerdem sei fraglich, ob diese Erklärung dem jetzigen Geschäftsführer der Klägerin zuzurechnen sei.

Auch die Beweiswürdigung des Landgerichts sei fehlerhaft. Ebenso gelte, dass, wenn das Landgericht tatsächlich zu dem Ergebnis komme, dass der Zeuge A. unglaubwürdig sei, weil es der Meinung sei, der Zeuge und die Geschäftsführerin der Beklagten hätten sich die Sache ausgedacht, zumindest der von der Klägerin angebotene Zeuge B. als diejenige Person, die ..., hätte als Zeuge vernommen werden müssen. Zumindest hätte das Landgericht der Beklagten die Möglichkeit eröffnen müssen, ihrerseits die Vernehmung dieses Zeugen zu beantragen. Stattdessen habe das Landgericht - statt die naheliegende Möglichkeit der weiteren Beweiserhebung auszuschöpfen, zumal die Klägerin beweisbelastet sei - den streitigen Parteivortrag der beweisbelasteten Partei ohne weiteren rechtlichen Hinweis als wahr unterstellt. Dies stelle einen klaren Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör dar.

Die Beklagte beantragt nach Räumung des Objekts im Rahmen der vorläufigen Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe vom 19.02.2021, AZ: 7 O 217/20, die Klage abzuweisen und ihr widerklagend den Besitz an...

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