Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von Versicherungsbedingungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muss.

2. Will ein Versicherungsnehmer Versicherungsschutz betreffend das Bauherrenhaftpflichtrisiko bei einem Umbau insbesondere für den Fall, dass trotz ordnungsgemäßer Abplanung durch Extremwetterlagen Regenwasser eindringt und entspricht dem der Versicherungsausschluss in § 2 Nr. 4b ABN 2008 (keine Entschädigung für Schäden durch jahreszeitbedingt normale Witterungseinflüsse), erwartet der durchschnittliche Versicherungsnehmer von vornherein nicht, dass dieser Ausschluss durch weitere einbezogene Zusatzbedingungen für Altbauten wieder aufgehoben wird, auch wenn dort der Ausschluss nicht noch einmal gesondert aufgeführt wird.

 

Normenkette

VVG §§ 61, 63

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 23.07.2010)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 23.7.2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Kiel wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung anlässlich eines mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsmaklervertrags.

Der Kläger plante, im Sommer 2008 das Dach seines im Jahre 1970 gebauten Bungalows im ... mit einem Dachstuhl versehen zu lassen. Er wollte das Bauleistungs- und das Bauherrenhaftpflichtrisiko für die Umbaumaßnahme abdecken und wandte sich diesbezüglich an die Beklagte, die ihm mit E-Mail vom 16.7.2008 (Anlage K 1) ein Angebot unterbreitete. Nachdem der Kläger nach dem konkreten Versicherungsumfang nachgefragt hatte, erhielt er eine E-Mail der Beklagten vom 17.7.2008, der als Information über den Versicherungsumfang die Versicherungsbedingungen der ... Versicherungs-AG ("Versicherung von Neu- und Umbauten durch Auftraggeber nach ABN 2008 mit Einzelanmeldung") beigefügt waren. Mit E-Mail vom selben Tage schilderte der Kläger der Beklagten noch einmal Umfang und Kosten des von ihm geplanten Bauvorhabens und teilte mit, dass er Versicherungsschutz insbesondere für den Fall benötige, dass trotz ordnungsgemäßer Abplanung durch Extremwetterlagen Regenwasser durch die Decke eindringe und Wand- und Bodenbeläge oder die vorhandenen Einbauten beschädige. Er bat um entsprechende Platzierung der Bauleistungs- und auch der Bauherrenhaftpflichtversicherung, sofern das Angebot der Beklagten diese Fälle abdecken würde (Anlage K 3). Anschließend sorgte die Beklagte für den Abschluss der Versicherung.

Am 7.8.2008 kam es infolge Regens zu einem Wassereinbruch durch das offenstehende, aber vom Dachdecker abgeplante Dach. Dabei kam es zu Beschädigungen des Gebäudes und des festen Mobiliars. Der Haftpflichtversicherer des Dachdeckers zahlte darauf lediglich den "Zeitwertschaden". Den Differenzschaden meldete der Kläger bei der Beklagten zur Regulierung an. Die Versicherung lehnte die Schadensregulierung jedoch ab, da Schäden an der Altsubstanz nicht versichert waren. Die. Haftpflichtversicherung der Beklagten lehnte eine Ersatzleistung ab mit der Begründung, dass das Schadensereignis auch bei Wahl der richtigen Versicherung vom Versicherungsschutz nicht umfasst gewesen wäre (Anlage K 7). Die Beklagte hätte die Bitte des Klägers um Versicherungsschutz dahingehend verstehen müssen, dass auch die Altbausubstanz mitversichert sein sollte. Dabei ist streitig, ob der Kläger mit Blick auf die Höhe der Prämie bei richtiger Beratung eine die Altbausubstanz umfassende Versicherung tatsächlich abgeschlossen hätte.

Der Kläger hat vorgetragen, bei dem Regen habe es sich um einen seltenen Starkregen gehandelt, ein außergewöhnliches nicht vorhersehbares Ereignis. Er hätte die Versicherung trotz der höheren Versicherungsprämie abgeschlossen, wobei die Einzelheiten der Prämienberechnung zwischen den Parteien streitig sind. Es liege jedenfalls ein Schaden vor, der bei Auswahl der richtigen Versicherung reguliert worden wäre.

Die Beklagte hat vorgetragen, eine fehlerhafte Beratung sei nicht kausal für den Schaden geworden, da dem Kläger auch bei Wahl der richtigen Versicherung kein Versicherungsschutz zugestanden hätte. Die Wetterlage zur Schadenszeit sei nicht so ungewöhnlich gewesen, dass sie vom Versicherungsumfang gedeckt gewesen wäre. Es habe sich bei der Wetterlage am Schadenstag am Schadensort um normale Witterungseinflüsse gehandelt, mit denen wegen der Jahreszeit und der örtlichen Verhältnisse hätte gerechnet werden müssen. Die Höhe des geltend gemachten Schadens werde bestritt...

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