Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozessführungsrecht bei Schadensersatz gegen früheren Testamentsvollstrecker

 

Normenkette

BGB §§ 2039, 2041, 2199, 2219; ZPO § 148

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 22.03.2013)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Kiel vom 22.3.2013 geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien sind - neben ihrer Schwester ... und ihrem Bruder ... - Geschwister und zu 1/4 Erben nach ihrer am 13.6.2009 verstorbenen Mutter ... Ihr Vater verstarb bereits am ... 2007. Die Eltern hatten die Erbfolge in einem gemeinschaftlichen Testament vom 19.12.1988, einem Erbvertrag mit den Kindern vom 20.2.1993 und zwei weiteren, am 15.3.2007 beurkundeten gemeinschaftlichen Testamenten geregelt. Letztendlich sollte eine wechselseitige Einsetzung der Ehegatten zum Alleinerben des jeweils anderen und eine Schlusserbeneinsetzung der Kinder zu gleichen Teilen unter Anrechnung verschiedener Vorabempfänge gelten.

Den Erbvertrag vom 20.2.1993 verbanden die Eltern mit Schenkungsverträgen zugunsten jedes Kindes. Sie verpflichteten sich darin zur Auszahlung unterschiedlicher Beträge an die Kinder, die sich ihrerseits verpflichteten, aus der unterschiedlichen Höhe der Beträge keine Ausgleichsansprüche gegeneinander geltend zu machen. Anderes sollte nach der am 15.3.2007 zur UR-Nr ... des Notars ... beurkundeten gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung der Ehegatten für Darlehen gelten, deren Rückzahlung die Kinder ihnen noch schuldeten. Die Darlehen sollten nebst den angefallenen Zinsen ebenso wie Zuwendungen, die mit einer Anrechnungs- und Ausgleichungspflicht des Empfängers verbunden worden seien, bei der Erbauseinandersetzung in der Weise berücksichtigt werden, dass den anderen Miterben kein Nachteil entstünde. Um welche Darlehen es sich handelte, sollte sich aus einer von den Eltern gefertigten und der Testamentsurkunde beiliegenden Aufstellung ergeben.

Außerdem ordneten die Eltern Testamentsvollstreckung an und bestimmten zur Testamentsvollstreckerin die Beklagte. Ihre Aufgabe war die Verwaltung des Nachlasses des erstversterbenden Elternteils und die unverzügliche Erbauseinandersetzung nach Maßgabe der genannten Anrechnungsbestimmungen nach dem Tode des Längstlebenden.

Die Klägerin erklärte mittlerweile mit nicht aktenkundigem Schriftsatz vom 25.6.2013 die Teilanfechtung des Testaments UR-Nr ... vom 15.3.2007 insoweit, als dort Regelungen über zu ihren Lasten zu berücksichtigende Darlehen und Zuwendungen enthalten sind.

Der genaue Bestand beider Nachlässe beim jeweiligen Erbfall ist streitig. Streitig ist auch, in welchem Umfang Darlehensverbindlichkeiten der Klägerin und der Schwester ... gegenüber beiden Nachlässen bestehen. Die Beklagte geht davon aus, dass es im Hinblick auf den Umfang der Darlehens- und Zinsschulden der Schwestern mit Sicherheit zu Ausgleichszahlungen zu ihren und des Bruders Gunsten kommen werde. Im Vorgriff darauf überwies sie am 27.1.2010 jeweils 250.000 EUR an sich und den Bruder und am 12.8.2011 noch einmal je 90.000 EUR an beide.

Die Klägerin, die das Bestehen anrechenbarer Darlehensverbindlichkeiten bestreitet, hat die Beklagte auf Zahlung eines Betrages von 100.000 EUR an sich, hilfsweise an den Nachlass verklagt. Außerdem hat sie die Beklagte auf Herausgabe verschiedener angeblich nachlasszugehöriger Gegenstände in Anspruch genommen. Die Beklagte ist den Anträgen mit Klagabweisungsantrag entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie zur Auszahlung der Beträge an sich und den Bruder berechtigt und sogar verpflichtet gewesen sei, um sich dem Bruder gegenüber nicht schadensersatzpflichtig zu machen. Es stünde fest, dass ihnen zumindest diese Beträge zustünden, der Klägerin und der Schwester ... hingegen nicht. Das verbleibende Nachlassvermögen sei zur Begleichung aller Rechtsverfolgungskosten, die aus den Streitigkeiten um die Erbauseinandersetzung noch entstehen könnten, ausreichend.

Das LG hat die Zahlungsklage in der Hauptsache und die Herausgabeklage abgewiesen. Es hat jedoch auf den Hilfsantrag hin die Beklagte auf Rückzahlung von 100.000 EUR an die Erbengemeinschaft verurteilt. Die Aktivlegitimation der Klägerin folge aus § 2039 BGB, ihr Anspruch aus § 2219 Abs. 1 BGB, weil die Beklagte sich durch die Auszahlungen an sich und den Bruder schadensersatzpflichtig gemacht habe. Mit den Auszahlungen habe sie den Nachlass teilweise auseinandergesetzt, ohne dass die Voraussetzungen für eine Teilauseinandersetzung vorgelegen hätten. Sie habe schuldhaft gehandelt, denn sie sei zur gewissenhaften Ausführung ihres Amtes verpflichtet gewesen und hätte die Beträge nicht auszahl...

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