Leitsatz (amtlich)
1. Die dem Schutz der realen Kapitalaufbringung dienenden Vorschriften des Aktienrechts stehen einer Anwendung der §§ 320 ff. BGB auf einen Vertrag über die Einbringung von GmbH-Geschäftsanteilen als Sacheinlage in eine AG gegen Ausgabe neuer Aktien insoweit entgegen, wie hierdurch die AG zur Durchführung der hiermit einhergehenden Kapitalerhöhung gezwungen würde.
2. Kommt es nicht zur beabsichtigten Kapitalerhöhung, ist der einbringende Teil bereits nach Vertragsrecht berechtigt, einen Ausgleich für die in Erwartung der Kapitalerhöhung erbrachten Leistungen zu verlangen. Hierbei kann er die erbrachten Leistungen vom Empfänger zurückzufordern oder sie dort belassen und Wertersatz verlangen.
3. Verbleiben die erbrachten Leistungen beim Empfänger, so bemisst sich der von diesem zu leistende Wertersatz nicht nach dem objektiven Wert, sondern nach dem zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Umtauschverhältnis.
Normenkette
AktG § 9 Abs. 1, §§ 183, 189; BGB §§ 122, 320 ff., §§ 325-326, 812 Abs. 1, § 818
Verfahrensgang
LG Flensburg (Aktenzeichen 6 O 110/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers bleibt das am 26.9.2001 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Flensburg (6 O 110/00) mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte zu 1) verurteilt wird, an den Kläger 511.305,38 Euro (1.000.026,40 DM) nebst 5 % Zinsen p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16.10.2000 zu zahlen.
Die Beklagte zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) zu tragen. Diese fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Jedoch kann die Beklagte zu 1) die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) die Rückzahlung erbrachter Bareinlagen und Schadensersatz wegen behaupteten Verstoßes gegen vertragliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Einbringung der von ihm gehaltenen Geschäftsanteile an der Firma GW Gasrohrbau und Wassertechnik GmbH in M.H. Holding AG, der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1).
Der Kläger war Mitgesellschafter der Firma „GW Gasrohrbau und Wassertechnik GmbH” (im folgenden GW), deren Anteile der Beklagte zu 2), der frühere Vorstand der Beklagten zu 1) seit 1997 systematisch zu erwerben suchte. Nachdem der frühere Mehrheitsgesellschafter M. der GW seine Anteile und der Kläger einen Teil seiner Anteile auf den Beklagten zu 2) übertragen hatte, strebte es dieser nach Umgruppierung der von ihm gegründeten Holding, der Beklagten zu 1), u.a. an, auch noch die den bisherigen GW-Gesellschaftern verbliebenen Anteile in die Holding-AG zu übernehmen und die bisherigen Gesellschafter im Wege der Kapitalerhöhung als neue Aktionäre an der Holding zu beteiligen. Nachdem der Beklagte zu 2) bei der Wirtschaftsprüferein G. sich ein Gutachten über den Umtauschwert der GW-Anteile und der künftigen Aktien hatte erstatten lassen, wurden zu diesem Zweck der Beklagte zu 2) u.a. vom Kläger am 16. 11.1998 zur Vornahme entspr. Handlungen auf der Hauptversammlung der Beklagten zu 1) bevollmächtigt und am 18.11.1998 notariell beurkundete „GmbH-Anteilsübertragungsverträge” abgeschlossen. Lt. dieser sollte der Kläger seine GW-Anteile mit einem Nennwert i.H.v. 345.100 DM und einem angenommenen Wert von 832.028,12 DM sowie zusätzlich 167.998,32 DM bar einbringen und hierfür einmal 7.156 Stückaktien sowie einmal 1.084 Stückaktien erhalten. Die Kapitalerhöhung wurde aus streitigen Gründen nicht durchgeführt. Die Beklagten halten das von der Wirtschaftsprüferin G. erstellte Umtauschgutachten falsch und fühlen sich über den wirklichen Wert der GW-Anteile getäuscht.
Das LG hat der Klage unter Abweisung ggü. dem Beklagten zu 2) der Klage gem. § 325 BGB stattgegeben, da die Nichtdurchführung der Kapitalerhöhung von der Beklagten zu 1) zu vertreten und Anhaltspunkte für eine wirksame Anfechtung der vertraglichen Vereinbarung wegen Täuschung oder eine entsprechende deliktische Haftung nicht hinreichend vorgetragen seien. Bei der Bemessung des Schadensersatzes sei auf die Höhe des Wertes dieser Aktien und deren vermuteter Gleichwertigkeit mit der erbrachten Gegenleistung auf der Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme der Wirtschaftsprüferin G. abzustellen.
Die Berufung der Beklagten zu 1) blieb im Ergebnis ohne Erfolg.
Der Kläger begehrt von der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) die Rückzahlung erbrachter Bareinlagen und Schadensersatz wegen behaupteten Verstoßes gegen vertragliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Einbringung der von ihm gehaltenen Geschäftsanteile an der Firma GW Gasrohrbau und Wassertechnik GmbH in die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1).
Der Kläger war neben dem Beklagten zu 2) sowie des...