Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff des „Inverkehrbringens” im Zusammenhang mit einem Vertragsstrafeversprechen
Leitsatz (amtlich)
Die Übersendung von Mustern eines Arzneimittels zu Prüfzwecken an ein Unternehmen, dessen Markenrechte möglicherweise verletzt sein können, stellt noch kein „Inverkehrbringen” dar.
Normenkette
MarkenG §§ 14, 24; BGB § 339
Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 15 O 231/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen II des LG Kiel vom 1.2.2001 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Klägerin beträgt 10.000,01 DM.
Tatbestand
Die Klägerin, eine zum A.-Konzern gehörende deutsche Tochtergesellschaft, begehrt von der Beklagten, einem mit dem Parallelimport von Arzneimitteln befassten Unternehmen, Zahlung einer Vertragsstrafe.
Mit Schreiben vom 22.9.1999 übersandte die Beklagte der Klägerin Packungsmuster von „P. Dosieraerosol Turbohaler 50 mg und 75 mg” unter der Bitte, diese Muster nach Überprüfung zurückzusenden. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 29.10.1999 beanstandete die Klägerin – die von ihrer Muttergesellschaft im Rahmen der erteilten markenrechtlichen Lizenz berechtigt ist, gegen Markenverletzungen vorzugehen – u.a., dass die bei den Musterpackungen beigelegte Gebrauchsinformation völlig überholt sei und außerdem „das Etikett auf dem Turbohaler ohne jeden erläuternden Zusatz lediglich Namen und Anschrift Ihres Unternehmens” trage, „ohne dass hieraus ersichtlich wird, welche Funktion Ihr Unternehmen beim Parallelvertrieb wahrnimmt. Im gleichen Schreiben wurde daher die Beklagte zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung mit folgendem Wortlaut aufgefordert:
„1. E. Arzneimittel GmbH verpflichtet sich hiermit gegenüber A. GmbH, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe von 50.000 DM zu unterlassen,
a) P. Turbohaler mit der Gebrauchsinformation „07/99” zu vertreiben
und/oder
b) P. Turbohaler mit einer Gebrauchsinformation zu vertreiben, die keinen Stand der Gebrauchsinformation wiedergibt,
und/oder
c) P. Turbohaler mit einem Etikett auf dem Turbohaler zu vertreiben, das lediglich Namen und Anschrift Ihres Unternehmens wiedergibt. …”
Mit Schreiben vom 4.11.1999 erklärten die Anwälte der Beklagten,
„Ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, gleichwohl verbindlich, verpflichten sich unsere Mandantinnen gegenüber der A GmbH, es zu unterlassen, die Ihnen genannten Arzneimittel mit der Ihnen vorliegenden Fassung der Gebrauchsinformation in Verkehr zu bringen und/oder mit Behältnissen in der Gestalt in den Verkehr zu bringen, wie sie Ihnen ebenfalls vorliegen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird eine Vertragsstrafe i.H.v. 10.000,01 DM versprochen”.
Diese Erklärung nahm die Klägerin durch Anwaltsschriftsatz vom 4.11.1999 an.
Mit Einschreiben vom 4.11.1999 übermittelte die Beklagte überarbeitete Muster des P. Turbohaler 50 mg und 75 mg. In dem Schreiben heißt es u.a. „Wir beabsichtigen, das Arzneimittel P. Turbohaler feilzuhalten. Ein Muster jeder Packungsgröße fügen wir für Sie bei und bitten darum, dies nach ihrer Überprüfung unaufgefordert zurückzusenden.” Die auf den Turbohalern angebrachten Etiketten gaben unverändert den Namen und die Anschrift der Beklagten wieder, ohne besonderen Hinweis darauf, welche Funktion die Beklagte im Parallelimport wahrnimmt und ohne Angabe, dass und von wem die Ware umverpackt wird. Allerdings unterschieden sich die Etiketten von den bisher eingesandten Mustern dadurch, dass nunmehr auch die ursprünglich auf den Etiketten enthaltenen Angaben der Herstellerunternehmen, sämtlich ausländische Tochtergesellschaften des A.-Konzerns, überklebt worden waren.
Die Klägerin hat im wesentlichen geltend gemacht, dass bei der Auslegung der Unterlassungsverpflichtungserklärung maßgeblich die zugrunde liegende Abmahnung zu berücksichtigen gewesen sei und von daher die Beklagte durch die Übersendung von Mustern, auf denen ihre Funktion beim Parallelvertrieb nicht herausgestellt worden sei, gegen den Kern der Unterlassungsverpflichtung verstoßen habe.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.000,01 DM nebst 5 % jährlicher Zinsen hierauf seit dem 6.11.1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, dass die Abmahnung der Klägerin nicht hinreichend genau gewesen sei, da die Klägerin nicht in Erörterungen über Inhalt und Verständnis der von ihr ausgebrachten Beanstandungen einzutreten pflege und sie daher auf den Inhalt vorangegangener Auseinandersetzungen habe abstellen müssen, in denen es um die Verschiebung der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeiten gegangen sei. Daher habe sie geglaubt, dass auch bei „P.” die Konfektionierung unter diesem Gesichtspunkt beanstandet werde und diese Beanstandung auf die gleiche Art und Weise wie seinerzeit abgestellt werden k...