Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung und Zurückverweisung bei groben Verfahrensfehlern
Leitsatz (amtlich)
Grober Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts durch Verletzung der Pflicht zur Beiziehung der Verkehrsunfallakten und zur persönlichen Anhörung der Unfallbeteiligten in Verkehrsunfallsachen.
Normenkette
ZPO § 538; StVG §§ 17-18; StVO § 9
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 01.06.2007; Aktenzeichen 3 O 16/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1.6.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Itzehoe einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben - soweit die Parteien nicht übereinstimmend teilweise den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben - und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Itzehoe zurückverwiesen.
Gerichtliche Gebühren und Auslagen, die durch das aufgehobene Urteil verursacht worden sind, sowie die Gerichtsgebühren der Berufungsinstanz werden nicht erhoben.
Im Übrigen hat das LG über die weiteren Kosten - auch der Berufungsinstanz und des erledigten Teiles - zu entscheiden.
Gründe
Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch in Anspruch auf materiellen und immateriellen Schadenersatz aufgrund eines Verkehrsunfalles, der sich am 7.6.2006 gegen 11.45 Uhr auf dem Weg "K" in W, Fahrtrichtung C ereignet hat.
Unfallbeteiligt waren der Kläger mit seinem Pkw Fiat, amtl. Kz. ..., der Beklagte zu 1. als Führer eines vom Beklagten zu 2. gehaltenen und bei dem Beklagten zu 3. gegen Haftpflichtschäden versicherten landwirtschaftlichen Zuges, bestehend aus einer Zugmaschine J, amtl. Kz. ... und einem Ladewagen, amtl. Kz. ....
Der Beklagte zu 1. befuhr den Weg "K" und beabsichtigte, nach links in eine Feldzufahrt abzubiegen. Hinter ihm fuhr der Kläger. Als der Beklagte zu 1. zum Zwecke des Abbiegens in die Feldzufahrt nach rechts ausholte, setzte der Kläger zum Überholen des landwirtschaftlichen Zuges an. Im Überholen kollidierte er mit dem linken Vorderrad der abbiegenden Zugmaschine. Sein Pkw geriet links des "K" in den Graben. Bei dem "K" handelt es sich um einen befestigten, ca. 3,90m breiten Weg. Links und rechts des Weges befindet sich eine unbefestigte Bankette, in Fahrtrichtung der Beteiligten links neben der Bankette befindet sich ein Graben.
Der Kläger hat vorgetragen, er sei davon ausgegangen, der Beklagte zu 1. habe durch das Lenken nach rechts das Überholen ermöglichen wollen. Irgendwelche Anzeichen dafür, dass der Beklagte zu 1. nach links habe abbiegen wollen, habe es nicht gegeben. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien ihm dem Grunde nach zu vollem Schadenersatz verpflichtet. Erstinstanzlich hat er einen materiellen Schaden i.H.v. 5.636,61 EUR nebst Zinsen geltend gemacht, darüber hinaus Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 278,05 EUR begehrt sowie Schmerzensgeld für ein bei dem Unfall erlittenes HWS-Schleudertrauma i.H.v. 500 EUR.
Die Beklagten haben unter Beweisantritt (Zeugnis A und B) vorgetragen, der Beklagte zu 1. habe seine Abbiegeabsicht durch Setzen des linken Fahrtrichtungsanzeigers weit vor der Feldzufahrt deutlich gemacht, das hinter ihm fahrende Fahrzeug habe er trotz Rückschau infolge des Aufbaues des landwirtschaftlichen Gespannes nicht bemerkt und in den Rückspiegeln auch nicht sehen können. Angesichts der Örtlichkeiten habe er zum Abbiegen auf die Feldzufahrt auch rechts ausholen müssen. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und des rechtzeitigen Blinkens habe der Beklagte zu 1. nicht mit einem überholenden Fahrzeug rechnen müssen, der Kläger seinerseits habe nicht annehmen können und dürfen, dass der Beklagte zu 1. ihm Platz zum Überholen habe machen wollen. Die Beklagten haben darüber hinaus die Beiziehung der amtlichen Ermittlungsakte angeregt.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage auf der Grundlage einer Quote von 75 % stattgegeben und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.249,94 EUR zu zahlen, den Beklagten zu 3. darüber hinaus zur Zahlung von Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagten müssten sich den überwiegenden Verursachungsanteil an dem Unfallgeschehen zurechnen lassen, da es der Beklagte zu 1. (fälschlicherweise als Beklagter zu 2. bezeichnet) unterlassen habe, vor dem Linksabbiegen sich noch einmal vergewissert zu haben, dass Raum zum Abbiegen vorhanden sei. Einen auf 25 % beschränkten Verursachungsbeitrag müsse sich der Kläger zurechnen lassen, da er in unklarer Verkehrslage überholt habe. Darauf, ob der Beklagte zu 1. den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt habe, komme es nicht weiter an. Selbst wenn dies in der Beweisaufnahme bewiesen worden wäre, hätte dies lediglich den Verstoß des Klägers gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO manifestiert.
Der Beklagte zu 3. hat nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils gemäß Schreiben vom 13.6.2007 (Bl. 102 d.A.) an den Kläger einen Betrag i.H.v. insgesamt 1.927,55 EUR gezahlt. Insoweit haben die Part...