Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung bei Vorfahrtsverletzung

 

Leitsatz (amtlich)

Volle Haftung des Vorfahrtverletzers bei streitigem und nicht bewiesenen Rotlichtverstoß des Vorfahrtberechtigten.

 

Normenkette

StVG § 17; StVO § 18

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 13.06.2006; Aktenzeichen 3 O 155/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.6.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Itzehoe teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Der Kläger nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 15.12.2004 in A., Kreuzungsbereich... in Anspruch.

Die Ehefrau des Klägers befuhr mit dessen Pkw..., amtliches Kennzeichen... B. Straße. Sie wollte nach links in die bevorrechtigte C. Chaussee abbiegen. Der Kreuzungsbereich ist für den Verkehr aus der B Straße mit dem Zeichen 206 gem. § 41 StVO ("Stoppschild") beschildert. Wegen der Einzelheiten der Unfallörtlichkeiten wird auf die Skizze Blatt 7 der Beiakte Staatsanwaltschaft bei dem LG Itzehoe... verwiesen. Links der B. Straße befindet sich in einer Entfernung von rund 25m auf der C. Chaussee eine Fußgängerbedarfsampel.

Aus Sicht der an der Kreuzung haltenden Fahrerin des Fahrzeuges des Klägers von links näherte sich die Beklagte zu 2. als Fahrerin des bei dem Beklagten zu 1. gegen Haftpflichtschäden versicherten Pferdetransporters..., amtliches Kennzeichen... Gleichwohl bog die Ehefrau des Klägers nach links in die C. Chaussee ein, im Kreuzungsbereich kam es zur Kollision. Dabei wurde das Fahrzeug des Klägers im gesamten Frontbereich mit Schwerpunkt vorne links beschädigt, das von der Beklagten zu 2. geführte Fahrzeug im Bereich der vorderen rechten Fahrzeugecke.

Der Kläger hat behauptet und behauptet weiterhin, die Beklagte zu 2. sei unter Missachtung des Rotlichts der Ampel in den Kreuzungsbereich eingefahren und habe sein bereits im Kreuzungsbereich stehendes Fahrzeug gerammt. Die Beklagten hingegen haben einen Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2. in Abrede genommen; sie waren und sind der Auffassung, es liege eine grobe Vorfahrtsverletzung durch die Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges vor, diese sei unter Missachtung des bevorrechtigten Verkehrs in den Kreuzungsbereich eingefahren.

Das LG hat der auf Zahlung von 5.905,83 EUR nebst gesetzlicher Zinsen gerichteten Klage nach Beweisaufnahme dem Grunde nach zu 70 % stattgegeben und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.060,44 EUR nebst gesetzlicher Zinsen auf 3.852,51 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2. im Raume stehe, ein solcher annehmbar sei, gleichwohl aber nicht festgestellt werden könne, dass die Beklagte zu 2. das Rotlicht missachtet hätte. Das LG hat darüber hinaus einen objektiven Vorfahrtsverstoß der Ehefrau des Klägers festgestellt, der aber dadurch gerechtfertigt sei, dass sie erst losgefahren sei, als die Fußgängerampel bereits auf Rot umgesprungen sei.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil nebst darin enthaltener Verweisungen Bezug genommen.

Der Senat hat ergänzend den Kläger und die Beklagte zu 2. persönlich gem. § 141 ZPO angehört.

Die Berufung der Beklagten, mit der sie auf vollständige Abweisung der Klage antragen, während der Kläger Zurückweisung der Berufung begehrt, ist begründet.

Das angefochtene Urteil beruht nämlich zum einen auf einer Rechtsverletzung i.S.d. § 546 ZPO, zum anderen rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO), nämlich die vollständige Abweisung der Klage.

Zutreffend ist allerdings, dass der Unfall weder durch höhere Gewalt i.S.v. § 7 Abs. 2 StVG verursacht worden ist, noch, dass die Parteien den Beweis der Unabwendbarkeit i.S.v. § 17 Abs. 3 ZPO geführt hätten. Ebenso wenig haben die Beklagten hinsichtlich der Beklagten zu 2. den ihnen obliegenden Beweis des mangelnden Verschuldens (§ 18 StVG) geführt.

Die danach vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge gem. § 17 Abs. 1 StVG, in die nur bewiesene, zugestandene oder unstreitige Tatsachen einzustellen sind, führt dazu, dass der Kläger seinen Schaden vollständig selbst zu tragen hat.

Denn den vom Kläger behaupteten und von ihm auch zu beweisenden vermeintlichen Rotlichtverstoß der Beklagten zu 2. hat das LG nicht festgestellt, aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen auch nicht feststellen können. Ein von den Klägern behaupteter Rotlichtverstoß hat bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge unberücksichtigt zu bleiben.

Widerlegt hingegen ist die Behauptung des Klägers, die von seiner als Zeugin vernommenen Ehefrau bestätigt worden ist, dass die Beklagte zu 2. in den bereits im Kreuzungsbereich stehenden Wagen hinein gefahren sei. Der Sachverständige D. hat in seinem vom LG eingeholten...

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