Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Architekten bei Fehlern in der Grobkostenschätzung und teilweisem Verstoß des Bauherrn gegen das Schwarzarbeitsverbots
Normenkette
BGB §§ 280, 634 Nr. 4, § 636; SchwarzArbG § 1 Abs. 2 Nr. 1
Tenor
Die Berufung der Kläger vom 15.05.2016 gegen das am 07.04.2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsrechtszuges.
Dieses und das angefochtene Urteil sind wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Kläger nehmen den beklagten Architekten auf Schadenersatz wegen Verletzung von Pflichten aus einem mündlichen Architektenvertrag in Anspruch.
Mit notariellem Vertrag vom 06.11.2010 (Anlage K 1) erwarben die Kläger von dem Voreigentümer (M B) das Erbbaugrundstück S Weg 10 in K zum Preis von 125.000,00 EUR. Das Erbbaurecht lief noch bis zum 31.12.2019. Es war ein jährlicher Erbbauzins von 300,00 EUR zu zahlen. Das Grundstück war mit einem im Jahr 1922 errichteten Gebäude bebaut, mit weiteren Anbauten aus den Jahren 1950 und 1972. Gemäß § 4 des notariellen Kaufvertrages war den Käufern bekannt, dass das Kaufgrundstück von älterer Bauart und sanierungsbedürftig war und insbesondere das Dach der Erneuerung bedurfte. Die Kläger beabsichtigten, das Haus mit einer Wohnfläche von ca. 175 m2 wieder zu Wohnzwecken herzurichten und zu modernisieren. Am 08.01.2011 wies der beurkundende Notar (Notar B, K) die Kläger auf die fehlende Baugenehmigung hinsichtlich des Garagenanbaus hin. Aus den Untersuchungsberichten des Holzschutzsachverständigen H (R) vom 20.01.2011 und vom 31.3.2011 (Anlage B 3 der Beiakte 9 OH 33/12) war den Klägern bekannt, dass unter anderem der Holzfußboden im Erdgeschoss teilweise bereits gebrochen und vermorscht war und insoweit der Einbau eines neuen und gedämmten Fußbodens erforderlich war. Ihnen war auch bekannt, dass die Kellertreppe ebenfalls stark vermorscht war und der Flachdachanbau an mehreren Stellen Wasserflecken aufwies und sanierungsbedürftig war.
Der Beklagte wurde den Klägern Ende Januar 2011 vom S K empfohlen. In der Folgezeit beauftragten die Kläger den Beklagten mündlich mit der Planung und Durchführung einer Gebäudesanierung, wobei die Vereinbarung des von den Klägern behaupteten Ausbaustandards (Modernisierung) zwischen den Parteien streitig ist. Unstreitig teilten die Kläger dem Beklagten jedoch mit, nur 100.000,00 EUR an Eigen- und Fremdmitteln aufbringen zu können.
Nach mehrfachen Objektbesichtigungen erstellte der Beklagte am 18.04.2011 (Anlage K 3) eine "Kostenberechnung", in der er die auszuführenden Maßnahmen auflistete und bepreiste. Er ermittelte Kosten in Höhe von insgesamt brutto 98.912,80 EUR, davon für Material und Fremdleistungen in Höhe von 74.874,80 EUR und für Eigenleistungen im Wert von 24.038,00 EUR. Die Kläger sind baufachliche Laien. Die Klägerin arbeitet als Dolmetscherin und der Kläger als Arzt in D.
Wegen des an der Grundstücksgrenze gelegenen und nur als Garage genehmigten Anbaus erstellte der Beklagte für die Kläger am 29.04.2011 einen entsprechenden Bauantrag (Anlage B 10). Der Beklagte entwarf auch eine entsprechende Nachbarzustimmung, weil der damalige Nachbar mit der Grenzbebauung einverstanden gewesen war. Aus prozesstaktischen Gründen wurde der Bauantrag jedoch nicht eingereicht und die Nachbarzustimmung nicht eingeholt, weil die Kläger zunächst insoweit den Voreigentümer auf Schadenersatz/Kaufpreisminderung in Anspruch nehmen wollten. Das entsprechende gerichtliche Verfahren ist inzwischen beendet und die Kläger haben - nach eigenen Angaben - ca. 15.000,00 EUR von dem Voreigentümer erhalten. Die Kläger haben das Objekt im September 2017 für ca. 80.000,00 EUR zu Eigentum erworben mit der Auflage, das Grundstück binnen drei Jahren zu bebauen. Sie planen dort derzeit einen Neubau.
Trotz fehlender Baugenehmigung und fehlender Finanzierungszusage der Bank (der Darlehensvertrag über 80.000,00 EUR wurde mit der X-Bank erst am 12.08.2011 geschlossen; Anlage K 13) begannen die Kläger bereits Mittel Juli 2011 mit den Rückbau- und Abbrucharbeiten. Der Beklagte vermittelte unter anderem seinen Sohn, den Zeugen B, sowie Freunde seines Sohnes für Hilfeleistungen der Kläger bei den Abbrucharbeiten. Zwischen den Parteien ist streitig, auf wessen Veranlassung und Initiative mit den Abbrucharbeiten begonnen worden war. Unstreitig dauerten die Abbrucharbeiten vom 20.07. bis 13.08.2011. Die Abbruchhelfer (B, K, H, S und F) wurden von der Klägerin jeweils in bar entlohnt (10 EUR/h). Insgesamt wendeten die Kläger für die vorgenannten Helfer ca. 5.000,00 bis 6.000,00 EUR in bar auf.
Nach Beendigung der Abbrucharbeiten stellt...