Leitsatz (amtlich)

Die Unredlichkeit des VN im Kfz-Diebstahls-Fall, die dessen eigene Parteianhörung gem. § 141 ZPO ausschließt, kann sich auch aus einem Verhalten ergeben, das in keinem Zusammenhang mit dem versicherten Risiko steht.

 

Normenkette

VVG § 49; AKB § 12 Abs. 1 S. 1 lit. b

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.7.2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Kiel teilweise geändert.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 6.000 Euro, es sei denn die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.

Die Beschwer des Klägers beträgt 21.235,18 Euro (= 41.532,40 DM).

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten aufgrund einer bei dieser bestehenden Kraftfahrzeugteilkaskoversicherung eine Entschädigungsleistung mit der Behauptung, ihm sei am 17.1.1998 zwischen 13.30 Uhr und 17.00 Uhr in L. sein Motorrad des Typs Harley-Davidson im Werte von 49.500 DM gestohlen worden.

Der Kläger war Eigentümer eines Motorrades, welches er unter Verwendung verschiedener Zubehörteile, u.a. eines Harley-Davidson Evolution Motors, neu aufbaute. Dieses Fahrzeug entsprach nicht den Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung. Bestimmte Bauteile, wie etwa eine Ritzel-Bremse, schließen eine Zulassung zum öffentlichen Straßenverkehr nach deutschem Recht aus. Gleichwohl war der Kläger im Besitz eines Kraftfahrzeugbriefes mit einer entsprechenden Betriebserlaubnis. Die in diesem Kraftfahrzeugbrief enthaltene Abnahmebescheinigung vom 4.7.1995 stammt nicht von dem dort angegebenen Prüfer.

Der Kläger hat behauptet: Das bei der Beklagten versicherte Motorrad sei ihm am 17.1.1998 in L. gestohlen worden. Er habe sich auf der Fahrt von seinem Wohnort nach L. zur Musik- und Kongresshalle befunden, wo er eine Motorradausstellung habe besuchen wollen. In S habe es angefangen zu regnen. Er habe daher gegen 13.30 Uhr das Motorrad in einer Einfahrt in der Mstraße 105 abgestellt und mit einem Bügelschloss gegen Diebstahl gesichert. Er sei von einem zufällig vorbeikommenden Bekannten, dem Zeugen M., in dessen Pkw zur Motorradausstellung gefahren und später auch wieder zurückgebracht worden. Als er gegen 17.00 Uhr zum Abstellort zurückgekommen sei, sei das Motorrad nicht mehr da gewesen. Er habe eine im Nachbarhaus wohnende Frau, deren Name ihm nicht bekannt sei, nach dem Verbleib gefragt und in der näheren Umgebung nach dem Motorrad gesucht. Die sofort herbeigerufene Polizei sei erst um 19.30 Uhr eingetroffen, weil sie ihn nicht gleich gefunden habe. Das Motorrad sei nie wieder aufgefunden worden. Es habe einen Wiederbeschaffungswert von 49.500 DM gehabt.

Nach einer Klagerücknahme i.H.v. 300 DM (vereinbarte Selbstbeteiligung) hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 49.200 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6.1.2000 an ihn zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Kläger habe einen Diebstahl lediglich vorgetäuscht. Der Kläger sei ein unredlicher Versicherungsnehmer. Seine Unredlichkeit ergebe sich daraus, dass er Inhaber eines gefälschten Kraftfahrzeugbriefes gewesen und mit einem Motorrad ohne Betriebserlaubnis umher gefahren sei. Außerdem habe der Kläger zur Ermittlung des Wertes des Motorrades Belege über Teile vorgelegt, die unstreitig gar nicht an dem gestohlenen Motorrad verbaut worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das LG hat den Kläger als Partei gem. § 141 ZPO angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M sowie Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9.11.2000 (Bl. 180–185 d.A.) und auf das Gutachten des Sachverständigen B vom 14.5.2001 (Bl. 220–242 d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte – unter Abweisung der Klage im Übrigen – verurteilt, an den Kläger 41.532,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6.1.2000 zu zahlen. Das LG hat zur Begründung ausgeführt:

Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 41.532,40 DM aus dem unstreitig bestehenden Kraftfahrzeugteilkaskoversicherungsvertrag. Das Gericht habe nach der Beweisaufnahme keinen Zweifel daran, dass dem Kläger sein Motorrad gestohlen worden sei. Der Zeuge M. habe die Behauptungen des Klägers zum Abstellort und zum Verschließen des Motorrades glaubhaft bestätigt. Der Zeuge sei glaubwürdig. Das Gericht sei auch davon überzeugt, dass das Motorrad nicht mehr dagewesen sei, als der Kläger damit habe nach Hause fahren wollen. Es sei unstreitig, dass die um 19.30 Uhr erschienenen Polizeikräfte kein Motorrad am Abstellort vorfanden. Mehr müsse der Kläger dazu nicht darlegen. Insbesondere könne ihm nicht der volle Beweis für den Diebstahl abverlangt werden. Der Kläger s...

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