Verfahrensgang
LG Lübeck (Urteil vom 06.01.2022; Aktenzeichen 15 O 199/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Verwerfung der Berufung der Klägerin und Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin das Urteil des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 6. Januar 2022, Az. 15 O 199/21, wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Zuge des sogenannten Dieselskandals als Herstellerin ihres mit Bestellung vom 15. April 2010 (Anlage K 1, AB Kl) als Neuwagen zu einem Preis von 33.935,01 EUR brutto erworbenen und am 20. April 2010 zugelassen Fahrzeugs VW Passat Variant 1,6 l TDI, Euro 5, auf Schadensersatz in Anspruch. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA 189 verbaut, dessen ursprünglich verwendete Software erkannte, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchlief, und in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1 schaltete, der allein - anders als der im normalen Fahrbetrieb verwendete Abgasrückführungsmodus 0 - die Einhaltung der gesetzlichen Stickoxidgrenzwerte gewährleistete.
Unter dem 15. Oktober 2015 erging gegen die Beklagte wegen Vorliegens einer unzulässigen Abschalteinrichtung ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes (im Folgenden: KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung, der auch das Fahrzeug der Klägerin betraf. In der Folge entwickelte die Beklagte ein vom KBA freigegebenes Software-Update zur Entfernung der Umschaltlogik.
Über den sogenannten "Dieselskandal" wurde seit 2015 umfangreich in den Medien berichtet. Auch die Klägerin erfuhr von dem Dieselskandal aus der Presseberichterstattung. Später erfuhr sie von der Betroffenheit ihres Fahrzeugs aus einer Internetrecherche.
Die Klägerin meldete sich unter dem 27. Dezember 2018 zu der Musterfeststellungsklage bei dem Oberlandesgericht Braunschweig, Az. 4 MK 1/18, an (Anmeldung Anlage BB 1, Bl. 330R d.A.; Schreiben des Bundesamts für Justiz vom 11. März 2019, Anlage K4 AB Kl). Zum Gegenstand und Grund des geltend gemachten Anspruchs machte sie dabei zum streitgegenständlichen Fahrzeug und einem weiteren Fahrzeug, für das sie später eine Entschädigung der Beklagten erhielt, die folgenden Angaben ohne Bezeichnung der jeweiligen Fahrzeugidentifikationsnummern:
"Gegenstand der Klage sind zwei Fahrzeuge der V AG. Es handelt sich um einen VW Passat Bj 2010 und einen Skoda Roomster Bj 2011. Beide Fahrzeuge sind via Kaufvertrag erworben worden und in unserem Eigentum. Grund für den Erwerb war die Annahme, wahrheitsgemäße Angaben seitens von Volkswagen bezüglich des Schadstoffausstoßes zu erhalten. Seit Bekanntgabe der vorsätzlichen Täuschung, litten beide Fahrzeuge unter massiven Wertverlust."
Mit Schreiben vom 19. März 2020 wandte sich die Beklagte nach Abschluss eines Vergleichs im Rahmen der Musterfeststellungsklage mit einem über ein Internetportal abzurufenden Vergleichsvorschlag an die Klägerin (Anlage K 5, AB Kl). Auf ein Schreiben der Klägerin vom 12. August 2020, nach erfolgter telefonischer Rücksprache, dass im Internetportal ein Vergleichsschluss nicht möglich gewesen sei (Anlage K 6, AB Kl), antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 1. Oktober 2020 (Anlage K 7, AB Kl), dass im Rahmen der Musterfeststellungsklage keine Einigung habe erzielt werden können, und erforderte weitere Informationen. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2020 (Anlage K 8, AB Kl) übersandte die Klägerin unter Verweis auf eine fortdauernde Vergleichsbereitschaft der Beklagten eine Kopie des Kaufvertrages und des Vertrages über einen zwischenzeitlich am 23. Dezember 2019 erfolgten Verkauf des Fahrzeugs mit einem Kilometerstand von 218.500 km für 2.500,00 EUR (Anlage K 16, AB Kl). Mit Schreiben vom 30. Oktober 2020 übersandte die Beklagte der Klägerin unter Fristsetzung zum 20. November 2020 ein Vergleichsangebot über 1.000,00 EUR. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. November 2020 verwies die Klägerin auf das ursprüngliche Vergleichsangebot über 2.853,00 EUR (Anlage K 10, AB Kl). Die Beklagte erbat unter dem 2. Dezember 2020 die neuerliche Übersendung der Vertragsunterlagen ohne Schwärzungen (Anlage K 11, AB Kl), die mit Mailschreiben vom 25. Februar 2021 (Anlage K 12, ABKl) übersandt wurden. Mit Schreiben vom 29. März 2021 verwies die Beklagte darauf, dass die E-Mail vom 25. Februar 2021 nicht vorliege, und bat um erneute Zusendung der Unterlagen (Anlage K 13, AB Kl). Mit Schreiben vom 3. Mai 2021 unterrichtete die Beklagte die Klägerin über die Weiterleitung des Vorgangs an den zuständigen Fachbereich (Anlage K 14, AB Kl). Auf eine Nachricht der Klägerin vom 14. Juni 2021 und ein am 23. Juni 2021 geführtes Telefonat teilte die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 29. Juni 2021 (Anlage K 15, AB Kl) mit, dass eine vergleichsweise Einigung nicht möglich sei (Anlage K 15, AB Kl).
Die Klage ist...