Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. Januar 2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.316,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. März 2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten im ersten Rechtszug tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/3. Die Kosten der Berufung tragen die Beklagte als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, welcher am 16. November 2015 in X stattfand.
Die Zeugin Y befuhr mit dem Polizeieinsatzfahrzeug des Klägers (amtliches Kennzeichen SH ...) die R. Allee stadteinwärts. Im Kreuzungsbereich R. Allee/W...straße zeigte die für ihre Fahrtrichtung geltende Lichtzeichenanlage auf der R. Allee "rot".
Der Beklagte zu 1) näherte sich dem Kreuzungsbereich von der W...straße (aus Sicht der Zeugin Y von rechts), um nach links in die R. Allee einzubiegen. Die W...straße führt auf einer Brücke über die R. Allee. Zu beiden Seiten der Brücke befinden sich Rampen, über die der Fahrzeugverkehr von der W...straße hinab zur Kreuzung bzw. von der Kreuzung hinauf zur W...straße geführt wird. Die Rampen sind jeweils zweispurig. Auf den zur Kreuzung abwärts führenden Rampen ist durch entsprechende Fahrbahnmarkierungen (Abbiegepfeile) vorgegeben, dass Verkehrsteilnehmer jeweils auf der rechten Fahrspur nach rechts und auf der linken Fahrspur nach links in die R. Allee einbiegen dürfen.
Der Beklagte zu 1) befuhr zunächst die linke Fahrspur der abwärts führenden Rampe in Richtung R. Allee. Die für seine Fahrtrichtung geltende Lichtzeichenanlage zeigte "grün". Auf der linken Fahrspur der Rampe waren mehrere Fahrzeuge zum Halten gekommen. Der Beklagte zu 1) überholte diese auf der rechten Fahrspur und wollte sodann von dieser Fahrspur in die R. Allee nach links einbiegen. Im Kreuzungsbereich unmittelbar vor der Einmündung der vom Beklagten zu 1) befahrenen Rampe in die Kreuzung kam es zur Kollision mit dem Fahrzeug des Klägers.
Aufgrund des Unfalls ist dem Kläger ein Sachschaden in Höhe von 16.584,48 EUR entstanden. Für die Einzelheiten seiner Zusammensetzung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Die Beklagte zu 2) zahlte auf den Schaden vorgerichtlich unter Zugrundlegung einer Haftungsübernahme von 40 % den Betrag von 6.633,80 EUR.
Der Kläger hat behauptet, sein Fahrzeug habe sich auf einer Einsatzfahrt befunden. Die Zeugin Y habe sich mit dem Fahrzeug mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn in die Kreuzung hineingetastet. Die Zeugin habe sich vergewissert, dass die auf dem von der W...straße die Rampe herunterführenden Linksabbiegerstreifen befindlichen Fahrzeuge angehalten hätten. Erst dann habe sie beschleunigend die Fahrt fortgesetzt. Der Beklagte zu 1) sei mit mindestens 50 km/h in die Kreuzung eingefahren
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilen, an ihn 9.950,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2016 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, das Fahrzeug des Unfallgegners sei mit mindestens 60 km/h in die Kreuzung eingefahren.
Das Landgericht hat für den Unfall nach Anhörung des Beklagten zu 1) und Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung, unfallanalytisches Sachverständigengutachten) die Klage abgewiesen, da der Sorgfaltsverstoß des Beklagten zu 1) keine Mithaftung von mehr als 40 % rechtfertige. Zwar habe er gegen die Pflichten aus § 38 StVO (Schaffung freier Bahn bei blauem Blinklicht) und § 41 Abs. 1 StVO (Linksabbiegen von der Rechtsabbiegerspur) verstoßen, allerdings habe er sich auf die für ihn "grün" anzeigende Lichtzeichenanlage verlassen dürfen. Es überwiege der dem Kläger zurechenbare Sorgfaltsverstoß der Zeugin Y. Zwar stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass sich die Zeugin auf einer Einsatzfahrt befunden habe und zum Unfallzeitpunkt Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet gewesen seien. Allerdings müsse der Fahrer des Einsatzfahrzeugs seine Geschwindigkeit anpassen und sich notfalls im Schritttempo in oder über die Kreuzung tasten, wenn er sich nicht auf die Gewährung freier Fahrt verlassen könne. Diesem Maßstab habe die Zeugin Y mit einer Geschwindigkeit zwischen 45 und 51 km/h nicht genügt.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren gemäß einer Quote von nunmehr noch 60 % weiter. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, das Landgericht habe sich nicht mit der Frage befasst, ob der Beklagte zu 1) das Martinshorn hätte wahrnehmen können und müssen, wenn er vorschriftsmäßig die Abbiegespur nach links genutzt hätte. Zudem handele es sich beim Linksabbiegen infolge des Ausscherens aus der Fahrzeugschlange auf der Linksabbiegerspur um ein riskantes Fahrmanöver, das eine andere Haft...