Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlängerung des Mietverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Die Verlängerungsfiktion des § 568 BGB wird in einem Formular-Wohnungsmietvertrag, da es an einer wirksamen Einbeziehung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG fehlt, nicht wirksam durch folgende Klausel abbedungen: Wird nach Ablauf der Mietzeit der Gebrauch der Sache vom Mieter fortgesetzt, so findet § 568 BGB keine Anwendung.
Normenkette
BGB § 568
Gründe
Aus den Gründen:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Räumung und Herausgabe von Wohnraum.
1. Durch Formular-Mietvertrag für Eigentumswohnungen vom 30.11.1977 (…) hatte die Klägerin an die Beklagte eine Zweizimmer-Wohnung in … ab 10.11.1977 für monatlich 450,– DM zzgl. Nebenkosten vermietet. Zufolge der in § 2 (Mietzeit) getroffenen Regelung verlängert sich nach Ablauf der zunächst auf vier Jahre begrenzten Mietzeit der Mietvertrag jeweils um 1/2 Jahr, falls er nicht von einer Partei unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum jeweiligen vertraglichen Ablauftermin gekündigt wird. Nach Bestimmungen zur Kündigung heißt es unter § 2 Nr. 4:
„Wird nach Ablauf der Mietzeit der Gebrauch der Sache vom Mieter fortgesetzt, so findet § 568 BGB keine Anwendung.”
Mit Schreiben vorn 2.5.1989 erklärte die Klägerin die „fristgemäße Kündigung” des Mietverhältnisses zum 31.5.1990 gegenüber der Beklagten, weil sie wiederholt Miete und Nebenkosten unpünktlich gezahlt habe. In einem weiteren Schreiben vom 7.6.1990 widersprach die Klägerin „einer Fortsetzung des Mietverhältnisses unter Hinweis auf § 568 BGB”.
Unter dem 11.12.1990 mahnte die Klägerin bei der Beklagten die rückständige Miete mit Nebenkosten (monatlich insgesamt 709,82 DM) für 11 und 12/1990 an und wies auf die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung hin. Mit Schreiben vom 15.1.1991 erklärte sie dann die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, weil sich die Beklagte mit der Miete für 11 und 12/1990 sowie 1/1991 in Verzug befinde. Daraufhin zahlte diese am 4.2.1991 1.170,– DM und am 4.3.1991 weitere 824,82 DM.
Unter dem 19.3.1991 erhob die Klägerin Räumungsklage, in der sie den bis einschließlich 3/1991 verbliebenen Rückstand an Miete und Nebenkosten auf 1.434, 64 DM errechnete und die der Beklagten am 4.4.1991 zugestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom 26.6.1991 legte die Klägerin dar, daß für 6/1991 Miete und Nebenkosten ausstünden und sich der Rückstand insgesamt auf 2.259,46 DM belaufe.
2. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die fristlose Kündigung vom 15.1.1991 sei durch (nachträgliche) Zahlung der Miete für 11/1990 bis 1/1991 unwirksam geworden. Bei der (erneuten) Kündigung durch Zustellung der Räumungsklage habe sich die Beklagte zwar mit 1.434,64 DM in Verzug befunden, und sie habe dann die bis zum „Schonfristende” (vgl. § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB) fällig gewordenen Beträge für 4 und 5/1991 auch nicht in der Frist nachentrichtet; das gereiche ihr aber im Hinblick auf ihr hohes Alter und ihre schwere Erkrankung nicht zum Verschulden, weswegen Verzug nicht eingetreten sei.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin die Räumungsklage weiter:
Die Kündigung vom 15.1.1991 sei nicht gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam geworden; denn die Beklagte habe bis zum Ablauf der „Schonfrist” (4.5.1991) niemals – wie im einzelnen dargelegt – den gesamten Mietrückstand und die fällige Entschädigung (§ 557 Abs. 1 Satz 1 BGB) vollständig ausgeglichen. Insoweit habe sie sich auch in Verzug befunden: sie habe ihre monatlichen Zahlungsverpflichtungen seit langem gekannt, hätte sie ohne weiteres vermittels eines Dauerauftrages ordnungsgemäß erfüllen können und habe dann die Mietrückstände trotz wiederholter Aufschlüsselung nie vollständig beglichen.
Demgegenüber macht die Beklagte geltend: das Mietverhältnis habe sich durch Fortsetzung des Mietgebrauches und mangels einer entgegenstehenden Erklärung der Klägerin gemäß § 568 BGB verlängert. Im übrigen gereichten etwaige Mietrückstände ihr – der Beklagten – wegen ihrer unheilbaren Erkrankung seit 1987 mit häufigen Krankenhausaufenthalten nicht zum Verschulden. Das Landgericht hat dem Oberlandesgericht folgende Rechtsfrage zum Erlaß eines Rechtsentscheides vorgelegt:
„Ist die Verlängerungsfiktion des § 568 BGB wirksam durch die in § 2 Nr. 4 des Formular-Mietvertrages vom 10.11.1977 verwandte Klausel abbedungen worden oder ist die Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden, weil sie nicht gemäß § 2 AGBG wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist?”
Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt:
Seiner Auffassung nach sei die Räumungsklage unbegründet. Zwar sei die Beklagte, da sie – entgegen dem Amtsgericht – den Mietrückstand zu vertreten habe, in Verzug geraten. Auch sei die Kündigung vom 15.1.1991 nicht gemäß § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam geworden; denn die Beklagte habe, selbst wenn man (mit § 551 BGB) eine monatlich nachträgliche Zahlungsverpflichtung annehme, innerhalb der „Schonfrist” nicht ihre gesamte Schuld ausgeglichen. Aber der Räu...