Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzanfechtung bei Auszahlung einer Risikolebensversicherung
Normenkette
InsO § 129 Abs. 1, § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 2; BGB §§ 288, 291, 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 25.3.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Lübeck wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz hat der Beklagte zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Zahlung von 54.002,90 EUR, die dem minderjährigen Beklagten aufgrund der Auszahlung einer Risikolebensversicherung nach dem Suizid seines Vaters zugeflossen waren. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat der Klage mit der Einschränkung stattgeben, dass dem Kläger neben der Hauptforderung nur Prozesszinsen zustehen. Gegen das am 31.3.2014 zugestellte Urteil des LG vom 25.3.2014 hat der Beklagte mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 16.4.2014, am 17.4.2014 beim OLG Schleswig eingegangen, Berufung eingelegt.
Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung vor, das LG habe Leistungen einer Risikolebensversicherung zu Unrecht mit denen einer Kapitallebensversicherung gleich gesetzt. Der Risikolebensversicherung sei im Vermögen des Vaters kein Wert zugekommen, da eine Leistungspflicht nur bei Versterben der versicherten Person innerhalb der Versicherungszeit bestanden habe. Die Zuwendung an einen begünstigten Dritten bestehe bei einer Risikolebensversicherung nicht in der Einräumung einer Bezugsberechtigung, sondern allein im Tod des Schuldners innerhalb der Versicherungszeit. Zudem sei das LG zu Unrecht von einer Anfechtbarkeit der am 28.3.2012 erklärten Änderung der Bezugsberechtigung ausgegangen, obwohl die Widerruflichkeit der ursprünglichen vertraglichen Bestimmung zur Bezugsberechtigung streitig gewesen sei und der Kläger hierzu nicht weiter vorgetragen und keinen Beweis angetreten habe. Schließlich habe das LG die geltend gemachte Entreicherung wegen der Zahlung von 25.000 EUR an die Großeltern des Beklagten fehlerhaft bewertet.
Der Beklagte beantragt, das am 25.3.2014 verkündete Urteil des LG Lübeck, Az.: 5 O 91/13 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akte des beim LG Lübeck unter dem Aktenzeichen 9 O 51/13 geführten Rechtsstreits gegen die Mutter des Beklagten zu Informationszwecken beigezogen.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das LG hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht zur Erstattung der seitens der Versicherung an ihn ausgezahlten 54.002,90 EUR nebst Prozesszinsen verurteilt. Der Kläger hat einen Erstattungsanspruch gem. §§ 134 Abs. 1, 129 Abs. 1, 143 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB. Der Beklagte hat diesen Geldbetrag aufgrund einer anfechtbaren Rechtshandlung seines Vaters erhalten und kann sich nicht auf die behauptete teilweise Entreicherung berufen.
1. Allerdings ist nicht die Auszahlung der Versicherungssumme, sondern die Änderung der Bezugsberechtigung mit Schreiben des Vaters des Beklagten an die Versicherungsgesellschaft vom 28.3.2012 die gem. §§ 129 Abs. 1 Halbs. 1, 134 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung. Mit dieser ist der Beklagte erstmals in den Kreis der möglichen Begünstigten der Risikolebensversicherungssumme einbezogen worden. Zumindest mit dem Ableben des Vaters des Beklagten hat der Beklagte das unmittelbare Recht auf die Versicherungsleistung (vgl. §§ 328, 330, 331 BGB) auch endgültig erworben (vgl. § 159 Abs. 2 VVG, BGH, Urt. v. 23.10.2003 - IX ZR 252/01, zitiert nach juris, dort Rz. 20 und 21 f.; BGH, Urt. v. 27.9.2012, a.a.O., Rz. 8). Beide Ereignisse liegen innerhalb der vierjährigen Anfechtungsfrist des § 134 Abs. 1 InsO.
Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die ursprünglich bei Vertragsabschluss getroffene Bestimmung der Bezugsberechtigung durch den Vater des Beklagten abgeändert werden konnte oder seine Erklärung vom 28.3.2012 wegen einer Unwiderruflichkeit unwirksam gewesen ist. Die Rechtswirksamkeit des betreffenden Vorgangs ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer Rechtshandlung i.S.d. § 129 Abs. 1 Halbs. 1 InsO (Kayser in MünchKomm/InsO, 3. Aufl. 2013, § 129 Rz. 30). Zudem ist der Versicherungsnehmer mangels entgegenstehender vertraglicher Bestimmung im Zweifel jederzeit zu einer Änderung der Bezugsberechtigung berechtigt, wie sich aus § 159 Abs. 1 VVG ergibt. Hierfür spricht auch...