Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der "Nettokaltmiete"
Leitsatz (amtlich)
1. Der Begriff der "Nettokaltmiete" ist nicht immer eindeutig und kann im Einzelfall der Auslegung bedürfen.
2. Von der Auslegung hängt es ab, ob eine zum Schadensersatz oder Minderung berechtigende Beschaffenheit vereinbart wurde.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 280, 434, 437
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 22.01.2010; Aktenzeichen 9 O 147/09) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers vom 26.2.2010 gegen das Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Kiel vom 22.1.2010 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin im Berufungsverfahren.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. jeweils 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 57.509,32 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Minderung und Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Kauf eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in K.,... Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen und diese Entscheidung darauf gestützt, dass die vom Kläger behauptete Zusicherung eines Mietreinertrages, also eines Nettomietertrages, von dem nicht noch Betriebskosten abzuziehen seien, vom Kläger nicht bewiesen worden sei.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass sich aus dem Kaufvertrag nebst der dazugehörigen Mietaufstellung ein vereinbarter und zugesicherter Nettokaltmietertrag, von dem keine Betriebskosten mehr abzuziehen seien, i.H.v. 37.212,- EUR ergäbe, während diese Jahresnettokaltmiete beim Vertragsschluss tatsächlich lediglich 32.664,- EUR betragen habe. Hieraus errechne sich ein Minderungs- bzw. Schadensersatzbetrag in Höhe der Klagforderung.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 22.1.2010 verkündeten Urteils des LG Kiel - Az.: 9 O 147/09 - die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 57.509,32 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 12.9.2008 sowie entstandene Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1.761,08 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 12.9.2008 zu zahlen.
Die Beklagten und deren Streithelferin beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie wollen die in der Anlage zum Kaufvertrag aufgelistete Netto-Kaltmiete als eine solche verstanden wissen, von der noch nicht umgelegte Betriebskosten abzuziehen seien, und behaupten, der Kläger sei vor Vertragsschluss auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass von den angegebenen Nettokaltmieten nicht umgelegte Betriebskosten noch abzuziehen seien, um danach den verbleibenden Nettokaltmietertrag ermitteln zu können.
Der Senat hat die Parteien angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin S. sowie der Zeugen St. und R.. Wegen des Ergebnisses der Anhörungen und der Beweisaufnahme wird auf die gerichtlichen Niederschriften vom 28.9.2010 (Bl. 139 - 141 GA) und 25.10.2011 (Bl. 255 - 264 GA) Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kaufsache hätte ein zur Minderung oder Schadensersatz gem. §§ 434, 437, 441, 280 BGB berechtigender Mangel angehaftet, eine vereinbarte Beschaffenheit gefehlt, wenn die Parteien sich beim Vertragsschluss darauf geeinigt hätten, dass der Jahresnettokaltmietertrag nach Abzug aller Betriebskosten 37.212,- EUR, oder aber zumindest mehr als 32.664,- beträgt.
Auf eine derartige Vereinbarung deutet zwar - wie vom Senat bereits in der mündlichen Verhandlung vom 28.9.2010 (Bl. 139 GA) angenommen und in den Beschlüssen vom 30.9.2010 (Bl. 156 f. GA) und 11.1.2011 (Bl. 190 GA) wiederholt - die zum notariellen Kaufvertrag gehörende Mietaufstellung hin, die in der Spalte "Nettokalt-Miete" einen monatlichen Gesamtbetrag von 3.101,- EUR aufweist, aus dem sich für das Jahr ein Gesamtbetrag von 37.212,- EUR errechnen lässt. Doch bleiben dem Senat Zweifel, dass die Parteien sich auf einen Mietertrag verständigten, von dem sämtliche umgelegten und nicht umgelegten Betriebskosten abgezogen waren.
Zum einen wird auf diese Mietaufstellung im Kaufvertrag selbst unter § 3 nur insoweit Bezug genommen, als es dort heißt: "Die Verkäufer weisen ausdrücklich darauf hin, dass ab dem 1.1.2008 alle Wohnungen vermietet sind." Ob damit auch die enthaltenen Betragsangaben in den Kaufvertrag einbezogen werden sollten, ist bereits fraglich.
Zum anderen ist der Begriff "Nettokalt-Miete" ist nicht eindeutig.
Er wird teilweise als Mietertrag verstanden, von dem sämtliche, und zwar umlagefähige und nicht umlagefähige, Betriebskosten abgezogen sind (vgl. Lützenkirchen, Anwaltshandbuch, Mietrecht, 3. Auflg., S. 519), und teilweise als von den Mietern gezahlte Miete ohne die von diesen zu tragenden Betr...