Verfahrensgang

LG Flensburg (Aktenzeichen 4 O 118/21)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 22. Juni 2022 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.866,79 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 6 %, die Beklagte 94 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages nach erklärtem Widerspruch.

Der damals bei der Bundeswehr dienende, 1988 geborene Kläger beantragte am 23. November 2004 bei der Beklagten den Abschluss eines Vertrages über eine Dienstunfähigkeitsversicherung/Kapitalversicherung nach dem Rahmenvertrag mit der Bundeswehr (Antrag, Anlagenkonvolut K1, Bl. 43/44 GA). Im Antragsformular findet sich oberhalb des Unterschriftenfeldes des Klägers folgende Belehrung unter der Überschrift "Mein Recht auf Widerspruch":

"Ich kann dem Versicherungsvertrag bis zum Ablauf von 1 Monat nach Zugang des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformation widersprechen. Zur Wahrung dieser Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."

Mit Policenbegleitschreiben vom 25. November 2004 wurden dem Kläger der Versicherungsschein vom 25. November 2004 (Anlagenkonvolut K1, Bl. 33-34 GA), die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Anlagenkonvolut K1, Bl. 36-40 GA) und eine Verbraucherinformation (Anlagenkonvolut K1, Bl. 41 GA) übersandt. Auch in den Versicherungsbedingungen und in der Verbraucherinformation sind Widerspruchsbelehrungen enthalten. In den, in Tabellenform gehaltenen, "Allgemeine[n] Bedingungen für die Kapital bildende Lebensversicherung zum Rahmenvertrag mit der Bundeswehr" lautet § 3 Wie und bis wann können Sie dem Zustandekommen des Vertrages widersprechen? wie folgt:

"(1) Mit dem Versicherungsschein übersenden wir Ihnen die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation. Sie können dem Zustandekommen des Vertrags innerhalb eines Monats nach Erhalt dieser vollständigen Unterlagen schriftlich widersprechen. Abweichend von Satz 2 erlischt Ihr Recht zum Widerspruch jedoch 1 Jahr nach Zahlung des ersten Beitrags. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.

(2) Widersprechen Sie nicht innerhalb der Frist, gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation als abgeschlossen."

In der Verbraucherinformation (Bl. 41 GA) heißt es in der vorletzten Spalte einer Tabelle mit verschiedenen Informationen:

"Widerspruchsrecht Sie können dem Zustandekommen des Vertrags innerhalb von einem Monat nach Erhalt dieser Unterlagen schriftlich widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. Widersprechen Sie nicht innerhalb der Frist, gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation als abgeschlossen."

Der Kläger zahlte seine monatlichen Beiträge, deren genaue Höhe streitig ist, teilweise nach vorheriger Mahnung. Am 13. Mai 2009 und am 13. September 2015 zeigte er gegenüber der Beklagten Adressänderungen an. Mit Schreiben vom 13. September 2015 (Anlage BLD 5, Bl. 123 GA) und Schreiben vom 26. August 2016 (Anlage BLD 5, Bl. 126 GA) bat er die Beklagte jeweils darum, während seiner Auslandseinsätze als Bundeswehrsoldat in Afghanistan bzw. der Türkei keine Ruhendstellung der Versicherung vorzunehmen.

Mit Schreiben vom 13. Juli 2020 erklärte die H. GmbH für den Kläger den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrages und forderte die Beklagte zur Zahlung von 13.009,16 EUR auf ein Konto der späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers auf, über die auch die weitere Korrespondenz laufen sollte (Anlage K3, Bl. 51-53 GA). Am 14. Januar 2021 lehnte die Beklagte gegenüber der H. GmbH die Rückabwicklung des Vertrages ab (Anlage K4, Bl. 54/55 GA). Die späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers forderten die Beklagte am 11. Februar 2021 erneut schriftsätzlich zur Vertragsrückabwicklung auf (Anlage K5, Bl. 56-64 GA). Die Beklagte blieb bei ihrer ablehnenden Haltung (Anlage K6, Bl. 65 GA).

Mit der der Beklagten am 8. Juni 2021 zugestellten Klage hat der Kläger im Rahmen der Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht zunächst von der Beklagten in der Hauptsache die Zahlung eines Betrages in Höhe von 13.009,16 EUR, nach teilweiser Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2021 (Blatt 142 GA) zuletzt die Zahlung von 12.647,18 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2021 und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen begehrt.

Er hat gemeint, er sei nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchs...

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