Gesetzestext

 

1Die Vorschriften dieses Gesetzes für im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwälte und für Verfahren über die Prozesskostenhilfe sind bei Verfahrenskostenhilfe und im Fall des § 4a der Insolvenzordnung entsprechend anzuwenden. 2Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht die Stundung nach § 4a der Insolvenzordnung gleich.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 12 ist eine Generalklausel. Sie erweitert die im RVG ausdrücklich geregelten Vorschriften für

die im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwälte und
die Verfahren über die Prozesskostenhilfe

auf die Fälle

der Verfahrenskostenhilfe und
des § 4a InsO.

§ 12 erspart durch die Gleichstellung ständige Wiederholungen in den zahlreichen Vorschriften des RVG, die Regelungen für die Prozesskostenhilfe, die Verfahrenskostenhilfe und die Stundung nach § 4a InsO enthalten. Der Regelungsbereich ist zutreffend im Abschnitt 1 über die allgemeinen Vorschriften zugeordnet und nicht im Abschnitt 8 (Beigeordneter oder bestellter Rechtsanwalt, Beratungshilfe). So ist deutlich, dass die Gleichstellung alle §§ und Nummern des RVG bzw. VV RVG erfasst. Seit dem KostRÄG 2021 ergibt sich auch aus der Überschrift der Norm, dass die Vorschriften des RVG für Verfahren "über" die Prozesskostenhilfe bei Verfahrenskostenhilfe und im Fall des § 4a InsO entsprechend anzuwenden sind.

 

Rz. 2

Mit dem FGG-Reformgesetz vom 17.12.2008 ist die Verfahrenskostenhilfe ausdrücklich in § 12 aufgenommen worden. Durch das PKH-Änderungsgesetz vom 31.8.2013 ist in § 12 die Gleichstellung mit den Fällen des § 11a ArbGG entfallen. Hierbei handelt es sich um eine Folgeänderung zur Aufhebung der Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 11a Abs. 1, 2 ArbGG a.F. Eines Verweises auf § 11a ArbGG bedurfte es dann nicht mehr, weil die Vorschrift nunmehr nur noch Bestimmungen zur Prozesskostenhilfe enthält.

B. Vorschriften des RVG für im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Anwälte und für Verfahren über die Prozesskostenhilfe

I. Im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Anwälte

1. Ausgangspunkt: §§ 114 ff. ZPO

 

Rz. 3

§ 12 spricht solche Beiordnungen eines Rechtsanwalts an, die im Rahmen der Prozesskostenhilfe ergehen. Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten ist die Prozesskostenhilfe einschließlich Beiordnung und Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren in den §§ 114 ff. ZPO geregelt. § 121 ZPO ist die gesetzliche Grundlage für die Beiordnung. Wie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt auch die Beiordnung durch Beschluss.

 

Rz. 4

Darüber hinaus findet die Prozesskostenhilfe nach den §§ 114 ff. ZPO in zahlreichen anderen Verfahren statt, indem diese Vorschriften dort jeweils ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt werden. Das ist kraft Gesetzes namentlich der Fall in Arbeitsgerichtsverfahren (§ 11a Abs. 1 ArbGG), Finanzgerichtsverfahren (§ 142 Abs. 1 FGO), Sozialgerichtsverfahren (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG), Verwaltungsgerichtsverfahren (§ 166 VwGO) sowie in Strafverfahren (§ 379 Abs. 3, § 397a Abs. 2, 3, § 404 Abs. 5, § 406h Abs. 3 Nr. 2, §§ 406i und 406j, § 172 Abs. 3 S. 2 StPO). Die §§ 114 ff. ZPO gelten auch ohne Verweisungsvorschrift entsprechend im Verfassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.[1]

Kommt es in diesen Verfahren zur Beiordnung eines Rechtsanwalts, erfolgt auch diese "im Wege der Prozesskostenhilfe".

2. Abgrenzungen

 

Rz. 5

Die im Wege der Prozesskostenhilfe erfolgte Beiordnung ist abzugrenzen von anderweitigen Beiordnungen oder Bestellungen eines Rechtsanwalts. Die Beiordnung unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat ihren Ansatzpunkt darin, dass eine Vertretung der Partei durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist, die Partei aber nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht dazu in der Lage ist, den Rechtsanwalt zu vergüten.

a) Beiordnung ohne Prozesskostenhilfe

 

Rz. 6

Mit Beiordnungen im Wege der Prozesskostenhilfe sachlich nicht vergleichbar sind solche Beiordnungen, bei denen die Sicherung der anwaltlichen Vertretung im Vordergrund steht und die Befriedigung des anwaltlichen Vergütungsanspruchs lediglich nachrangig Berücksichtigung findet. Das ist etwa der Fall bei der Beiordnung eines Notanwalts gem. §§ 78b, 78c ZPO oder als Beistand eines Zeugen (§ 68b StPO) oder wenn das Gericht dem Antragsgegner in Scheidungssachen einen Anwalt nach § 138 FamFG beiordnet.

Dem Zweck dieser Bestimmungen zufolge erscheint die Begriffswahl missglückt. Geht es mit der hoheitlichen Einbindung des Anwalts darum, für eine interessengerechte Vertretung der Partei Sorge zu tragen, so spricht das Gesetz für gewöhnlich von der Bestellung eines Anwalts (vgl. Rdn 7). Das wäre aus Gründen der Rechtsklarheit auch hier angezeigt. Entsprechend trägt § 39 dem Charakter der Beiordnung nach § 138 FamFG Rechnung, indem der Mandant so behandelt wird, als sei der Anwalt zum Prozessbevollmächtigten bestellt.

b) Bestellung eines Anwalts

 

Rz. 7

Schon durch die begriffliche Abgrenzung zur Beiordnung wird deutlich, dass eine andere Art von Hoheitstätigkeit vorliegt. Wird ein Anwalt zum Verteidiger (§ 140 StPO), Prozesspfleger (§§ 57, 58 ZPO) oder zum gemeinsamen Vertreter (§ 67a VwGO) bestellt, geschieht das aus verfahrensgrundsätzlichen Erwägungen ungeachtet der Frage, ob die Leistungsfähigkeit der Partei hinreicht, den Anwalt zu bezahlen. Mit der Bestellung werden P...

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