Norbert Schneider, Peter Fölsch
Rz. 14
In der Rechtsprechung wird teilweise vertreten, dass auch die Einholung einer Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers eine vorbereitende Tätigkeit des Rechtsanwalts ist, der mit der Angelegenheit beauftragt ist, für die nunmehr die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers begehrt wird. Es handele sich um einen Annex des jeweiligen Mandats. Genau wie die Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens gemäß § 16 Nr. 2 als zum Rechtszug dazugehörig zählen, diene auch der Schriftverkehr mit dem Rechtsschutzversicherer als begleitende Tätigkeit der Durchsetzung des Anspruchs. Die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setze nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen habe. Die Anfrage an einen Rechtsschutzversicherer sei eine Standardangelegenheit, die im Rahmen der vorgerichtlichen Bearbeitung einer Sache aus Sicht des Mandanten regelmäßig "nebenbei" erfolge und keinen gesonderten – über die ohnehin vorzunehmende Prüfung und Begründung des geltend zu machenden Anspruchs hinaus – Aufwand erfordere. Sie sei zwar nicht unmittelbar mit dem Schadensfall selbst verknüpft, stehe aber für den sachbearbeitenden Anwalt bei objektiver Betrachtung in einem inneren Zusammenhang mit der gesamten Angelegenheit. Denn eine solche Anfrage diene der Vorbereitung der Rechtsvertretung und letztlich auch der Absicherung des anwaltlichen Prozesskostenrisikos.
Allerdings geht die Klärung der Frage, ob ein Anspruch auf eine derartige Kostendeckungszusage nach den der Rechtsschutzversicherung zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen dem Auftraggeber überhaupt zusteht oder nicht, über den "eigentlichen" Auftrag für die Vertretung im Rechtszug bzw. im Verfahren hinaus. Eine zu § 16 Nr. 2 vergleichbare ausdrückliche Klarstellung gibt es bezüglich der Deckungsschutzanfrage gerade nicht. Auch der Aspekt, dass die Kostendeckungszusage des Rechtsschutzversicherers gelegentlich erst in einem gesonderten Rechtsstreit geltend gemacht werden muss, spricht dafür, dass diese Tätigkeit nicht zum Rechtszug bzw. Verfahren i.S.v. § 19 Abs. 1 gehören kann. Die Einholung der Deckungszusage stellt daher eine eigenständige Angelegenheit dar, die auf einem selbstständigen Auftrag beruht. Der Rechtsanwalt kann somit für die Einholung der Kostendeckungszusage der Rechtsschutzversicherung eine Geschäftsgebühr gemäß VV 2300, 2301 geltend machen. Ob ihm das Mandat für die Erledigung der "eigentlichen" Angelegenheit, für die die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers begehrt wird, bereits erteilt ist oder ob dies später oder gar nicht erfolgt, ist unerheblich.
Rz. 15
Der Auftrag zur Einholung der Deckungszusage ergibt sich aber noch nicht aus der Beauftragung in der Angelegenheit, für die die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers begehrt wird. In dem Zusammenhang reicht allein die Mitteilung der Versicherungsnummer für die Erteilung eines weiteren Auftrags nicht aus. Für die Erteilung des Auftrags für die Deckungsschutzanfrage trägt der Auftraggeber die Beweislast.
Rz. 16
In der Rechtsprechung wird vertreten, dass der Rechtsanwalt den Auftraggeber über die (gesonderte) Entstehung einer Vergütung für die Einholung der Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers zu belehren hat. Wird die Belehrung nicht erteilt, hat der Auftraggeber gegen den Rechtsanwalt einen Schadensersatz in Höhe der Rechtsanwaltsvergütung für die Einholung der Deckungszusage. Allein schon zur Vermeidung von Auseinandersetzungen mit dem Auftraggeber ist dazu zu raten, diesen über das Anfallen von gesonderten Gebühren aufzuklären, um ihm Gelegenheit zu geben, dass er ggf. die Kostendeckungszusage selbst einholt.
Rz. 17
Die Kosten des Rechtsanwalts für die Einholung einer Deckungszusage hat der Rechtsschutzversicherer grundsätzlich nicht zu tragen. Anders ist dies, wenn sich der Rechtsschutzversicherer im Verzug befindet bzw. die Zusage zu Unrecht verweigert hat.
Rz. 18
Der Anspruchsgegner muss dem Auftraggeber die Kosten für die Einholung einer Deckungszusage dann erstatten, wenn ein entsprechender materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch (z.B. Verzug, § 823 BGB) gegeben ist. Bei diesen Kosten handelt es sich um Rechtsverfolgungskosten. Sie sind aber nur dann zu ersetzen, soweit sie aus Sicht des Auftraggebers (= des Geschädigten) zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Der BGH nimmt bei einem zugrunde liegenden Schadensersatzanspruch zwar eine adäquate Schadensfolge an, lehnt aber eine Erstattungspflicht mangels Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Anwalts ab.