Norbert Schneider, Peter Fölsch
Rz. 148
Nr. 10a ist mit dem 2. KostRMoG eingefügt worden. Die Änderung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Änderung des § 17 Nr. 1. Damit soll sichergestellt werden, dass VV Vorb. 4.1 Abs. 2, Vorb. 5.1 Abs. 1 und Vorb. 6.2 Abs. 1 trotz des neuen § 17 Nr. 1 (siehe § 17 Rdn 1 ff.) wie bisher so ausgelegt werden, dass für Beschwerden gegen Neben- und Zwischenentscheidungen, mit Ausnahme der in VV Vorb. 4 Abs. 5, Vorb. 5 Abs. 4 und Vorb. 6.2 Abs. 3 genannten Verfahren, keine besonderen Gebühren anfallen, es sei denn, es ist im Gesetz etwas anderes bestimmt.
Rz. 149
Beschwerdeverfahren in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach VV Teil 4, 5 oder 6 richten, zählen – im Gegensatz zu Beschwerden nach VV Teil 3 (§ 18 Abs. 1 Nr. 3) – zum Rechtszug. Sie lösen also weder eine gesonderte Angelegenheit noch gesonderte Gebühren aus, sofern dort nichts anderes bestimmt ist oder besondere Gebührentatbestände vorgesehen sind.
Rz. 150
Beispiel: Gegen den Beschuldigten wird wegen des Verdachts einer Trunkenheitsfahrt ermittelt. Das AG entzieht ihm daraufhin gemäß § 111a StPO vorläufig die Fahrerlaubnis. Dagegen lässt der Beschuldigte durch seinen Verteidiger nach § 304 StPO Beschwerde einlegen.
Für die Beschwerde entstehen keine zusätzlichen Gebühren. Die Tätigkeit zählt vielmehr zur Instanz (VV Vorb. 4.1 Abs. 2). Die Mehrarbeit kann lediglich im Rahmen des § 14 Abs. 1 Gebühren erhöhend berücksichtigt werden.
Rz. 151
Für die in VV Vorb. 4 Abs. 5, Vorb. 5 Abs. 4 und Vorb. 6.2 Abs. 3 genannten Beschwerdeverfahren gilt Nr. 10a nicht, da sich die Gebühren in den dort genannten Verfahren ohnehin nach VV Teil 3 richten und gerade nicht nach den VV Teilen 4–6, so dass sie bereits nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 als besondere Angelegenheiten zählen.
Rz. 152
Erfasst werden mit der neuen Nr. 10a vielmehr folgende Verfahren:
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die Beschwerde nach § 372 StPO in einem Wiederaufnahmeverfahren (VV 4139); |
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Beschwerden in der Strafvollstreckung (VV Vorb. 4.2); |
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Beschwerdeverfahren als Einzeltätigkeiten (ausdrücklich geregelt in VV Vorb. 3.4 Abs. 3 S. 2); |
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Beschwerden nach § 406 Abs. 5 S. 2 StPO gegen das Absehen einer Entscheidung über Adhäsionsansprüche (VV 4145); |
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Beschwerden gegen eine den Rechtszug beendende Entscheidung nach § 25 Abs. 1 S. 3 bis 5, § 13 StrRehaG (VV 4146); |
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Beschwerden gegen eine Einstellung nach § 206a Abs. 2 StPO. |
Rz. 153
Die neu eingefügte Nr. 10a hat darüber hinaus auch eine weitere Streitfrage geklärt. Aus dem Grundsatz des § 17 Nr. 1 einerseits und im Umkehrschluss zu Abs. 1 S. 2 Nr. 10a andererseits wird man wohl jetzt annehmen müssen, dass der Anwalt in den Fällen, in denen VV Teil 4–6 besondere Gebühren für Beschwerden vorgesehen sind, nicht nur gesonderte Gebühren anfallen, sondern dass diese Beschwerdeverfahren damit auch zu einer eigenen Angelegenheit i.S.d. § 15 aufgewertet werden. Nach der bisherigen gesetzlichen Regelung ist die Rspr. grundsätzlich davon ausgegangen, dass besondere Gebühren entstehen, der Umfang der Angelegenheit aber davon unberührt bleibe. Berufen hat sie sich dabei auf den Umkehrschluss zu VV Vorb. 4.3 Abs. 3 S. 2 der bei Einzeltätigkeiten eine gesonderte Angelegenheit vorsah. Nach der Neuregelung dürfte diese Auffassung nicht mehr vertretbar sein und jedes Beschwerdeverfahren, für das gesonderte Gebühren vorgesehen sind, gemäß Nr. 10a entsprechend seiner Stellung in § 17 (Verschiedene Angelegenheiten) als eigene Gebührenangelegenheit i.S.d. § 15 anzusehen sein.