Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 13
§ 46 Abs. 1 unterscheidet für die Erforderlichkeit von Reisekosten seinem Wortlaut nach nicht zwischen einem Anwalt, der seinen Sitz am Ort des Prozessgerichts hat, und einem Anwalt, der seinen Sitz nicht am Ort oder gar nicht im Bezirk des Prozessgerichts hat (vgl. Rdn 1).
Rz. 14
Das Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO und deren Kostenfolge für die Staatskasse wurde vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich angesprochen.
Rz. 15
Gem. § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Anwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Für das Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO kommt es auf die sog. Bezirksansässigkeit an, nicht auf eine Ortsansässigkeit. Das frühere berufsrechtliche Lokalisationsprinzip ist vollständig aufgehoben. Die Zulassung nimmt die Rechtsanwaltskammer bezogen auf ihren Bezirk vor. Für die Beiordnung eines Anwalts unter Beachtung des Mehrkostenverbots des § 121 Abs. 3 ZPO ergeben sich daraus Folgerungen:
aa) Im Gerichtsbezirk niedergelassene Anwälte
Rz. 16
Anwälte, die innerhalb des Bezirks des Prozessgerichts niedergelassen sind, müssen ohne Einschränkungen beigeordnet werden. Denn § 121 Abs. 3 ZPO erfasst nach dessen Voraussetzungen diese Rechtsanwälte nicht. Einem Rechtsanwalt sind die Auslagen nach Teil 7 VV, die für eine Reise innerhalb des Gerichtsbezirks zum Termin des Verfahrensgerichts anfallen, voll aus der Staatskasse zu vergüten.
bb) Anwälte außerhalb des Gerichtsbezirks
Rz. 17
Bei Anwälten, die ihren Kanzleisitz nicht innerhalb des Bezirks des Gerichts haben, kann eine dem Mehrkostenverbot entsprechende Einschränkung der Beiordnung nur "zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts" ausgesprochen werden. Der im Bezirk des Prozessgerichts nicht niedergelassene und deshalb nur "zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts" beigeordnete Rechtsanwalt kann dann die Vergütung von Reisekosten nur insoweit verlangen, als es sich im Vergleich zu Reisekosten bei einem im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalt nicht um Mehrkosten handelt (zur Berechnung vgl. Rdn 29 ff.).
cc) Ohne Mehrkosten
Rz. 18
Können überhaupt keine höheren Mehrkosten durch die Beiordnung des nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts entstehen, so hat die Beiordnung uneingeschränkt und ohne den Zusatz "zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts" zu erfolgen. Siehe zu einem Mehrkostenvergleich bezüglich der Reisekosten näher bei Rdn 29 ff.
dd) Einschränkende Beiordnung
Rz. 19
Eine das Mehrkostenverbot beachtende, für den nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalt einschränkende Beiordnung kommt aber nur in Betracht, wenn
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nicht die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO für eine zusätzliche Beiordnung eines Verkehrsanwalts vorliegen (näher siehe Rdn 23 ff.) und |
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der Rechtsanwalt sein Einverständnis konkludent erklärt hat (näher siehe Rdn 26 ff.). |
ee) Rechtsmittel gegen eingeschränkte Beiordnung
Rz. 20
Die eingeschränkte Beiordnung hat eine teilweise Ablehnung des Beiordnungsantrags zum Inhalt. Es ist deshalb über das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu belehren (vgl. § 232 ZPO bzw. § 127 Abs. 2–4 ZPO). Beschwerdebefugt sind die Partei und der Rechtsanwalt.
ff) Beiordnung ohne Einschränkung
Rz. 21
Sind mit der Beiordnung eines nicht im Bezirk des Gerichts niedergelassenen Anwalts Mehrkosten verbunden und wird er gleichwohl entgegen § 121 Abs. 3 ZPO ohne jede Einschränkung beigeordnet, so ist der Beschluss zwar rechtswidrig, aber wirksam. Der Mangel qualifiziert sich keinesfalls als derart gewichtig, dass Nichtigkeit anzunehmen wäre (hierzu siehe § 45 Rdn 30). Er lässt sich nicht durch ergänzende Inter...