Rz. 23

Das Einverständnis zur eingeschränkten Beiordnung darf das Gericht von dem Rechtsanwalt erst und nur dann verlangen, wenn für das Gericht feststeht, dass keine besonderen Umstände vorliegen, die die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO ermöglichen würden. Bei der Prüfung der besonderen Umstände ist auf die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Prozesses und die subjektiven Fähigkeiten der Partei abzustellen.[39] Liegen derartige besondere Umstände vor, so ist der nicht im Bezirk niedergelassene Rechtsanwalt von dem Verfahrensgericht uneingeschränkt beizuordnen.[40] Zwar soll nach Sinn und Zweck des § 121 Abs. 3 ZPO die Beiordnung eines nicht im Bezirk des Gerichts niedergelassenen Anwalts unterbleiben, wenn dadurch Mehrkosten drohen. Weitere Kosten im Sinne dieser Vorschrift entstehen allerdings nicht, wenn zumindest in Höhe der Reisekosten, die mit der Tätigkeit des nicht im Bezirk des Gerichts niedergelassenen Anwalts verbunden sind, andere Kosten eingespart werden, etwa weil sich die Notwendigkeit der Beiordnung eines Verkehrsanwalts erübrigt hat.[41] Andernfalls kommt eine Beiordnung zu den Bedingungen eines im Bezirk des Gerichts niedergelassenen Anwalts in Betracht.[42]

 

Rz. 24

Umstände i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO können in folgenden Fällen zu bejahen sein:

Die Partei ist nicht schreibgewandt und eine Informationsreise zu einem Rechtsanwalt am Verfahrensgericht ist ihm nicht zuzumuten.[43]
Umfang, Bedeutung oder Schwierigkeit der Sache machen eine schriftliche Information unzumutbar und eine mündliche Information verursacht unverhältnismäßigen Aufwand.[44]
Nach Ansicht des BGH[45] soll ein besonderer Umstand auch darin liegen, dass die Kosten des weiter beizuordnenden Verkehrsanwalts die sonst entstehenden Reisekosten des nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts nicht wesentlich übersteigen würden.[46]
Auch in dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen der Partei und seinem Rechtsanwalt kann ein besonderer Umstand liegen.[47]
 

Rz. 25

Wird in Anwendung von § 121 Abs. 4 ZPO ein auswärtiger Rechtsanwalt ohne die Einschränkung aus § 121 Abs. 3 ZPO beigeordnet, so kann es vertretbar sein, in den Bewilligungsbeschluss aufzunehmen, dass Mehrkosten nur bis zur Höhe der zusätzlichen Kosten eines Verkehrsanwalts am Wohnort der Prozesskostenhilfe beantragenden Partei erstattungsfähig sind.[48]

[41] Vgl. in diesem Zusammenhang auch: BGH 10.10.2006 – XI ZB 1/06, AGS 2007, 16 = NJW 2006, 3783; BGH 23.6.2004 – XII ZB 61/04, AGS 2004, 349 = NJW 2004, 2749; OLG Hamm OLGR 2007, 360; LAG Hamburg AGS 2007, 203; OLG Zweibrücken AGS 2006, 350 = JurBüro 2006, 432; OLG Stuttgart AGS 2006, 351; OLG Saarbrücken JurBüro 2006, 96; OLG Oldenburg JurBüro 2004, 324; LAG Köln MDR 1999, 1469; LAG Nürnberg AGS 2013, 135.
[42] Vgl. OLG Braunschweig AGS 2007, 581 m. Anm. N. Schneider.
[44] BGH 23.6.2004 – XII ZB 61/04, NJW 2004, 2749; vgl. auch LAG Nürnberg AGS 2013, 135.
[45] Vgl. BGH 23.6.2004 – XII ZB 61/04, NJW 2004, 2749; vgl. auch OLG Rostock JurBüro 2011, 372.
[46] Krit. Musielak/Voit/Fischer, § 121 ZPO Rn 18.
[47] OLG Schleswig OLGReport 2007, 32.
[48] Vgl. z.B. LAG Hamm 2.11.2010 – 5 Ta 566/10; OLG Naumburg BeckRS 2011, 29326; OLG Bamberg NJW-RR 2012, 200.

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