Peter Fölsch, Norbert Schneider
a) Abgrenzung zum Verfahren gem. § 120a ZPO
Rz. 41
Die Prozesskostenhilfe darf nicht vorzeitig, also vor Erledigung des Verfahrens, für das sie bewilligt worden ist, wieder entzogen werden mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 114 ZPO seien zwischenzeitlich entfallen. Solange kein Aufhebungsgrund vorliegt (§ 124 Abs. 1 ZPO), kommt nur die nachträgliche Begründung einer Zahlungspflicht oder die Anpassung von Zahlungen in Betracht (§ 120a ZPO), was allerdings dazu führen kann, dass die vermögend gewordene Partei alle bereits fällig gewordenen Kosten an die Staatskasse zu leisten hat. Eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere deshalb eintreten, weil die bedürftige Partei den Prozess (überwiegend) gewinnt (§ 120a Abs. 3 ZPO). Das Gericht soll nach rechtskräftiger Entscheidung oder sonstiger Beendigung des Verfahrens prüfen, ob eine Änderung über die zu leistenden Zahlungen mit Rücksicht auf das durch die Rechtsverfolgung oder -verteidigung Erlangte geboten ist. Nach § 120a Abs. 3 ZPO kann nämlich auch das durch die Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung Erlangte zu einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse führen.
b) Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten
Rz. 42
Verbessern sich vor dem Ablauf von vier Jahren seit der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich (oder ändert sich ihre Anschrift), besteht nach § 120a Abs. 2 S. 1 ZPO die Verpflichtung der Partei, dies dem Gericht mitzuteilen. Bezieht die Partei ein laufendes monatliches Einkommen, ist eine Einkommensverbesserung nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zugrunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 EUR übersteigt; Gleiches gilt entsprechend, soweit abzugsfähige Belastungen entfallen (§ 120a Abs. 2 S. 2 ZPO). Über diese Verpflichtungen ist in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu belehren.
Rz. 43
Eine Änderung der Zahlungsanordnung zu Lasten der Partei ist für den beigeordneten Anwalt keinesfalls ungünstig, sondern kann sich für ihn vielmehr vorteilhaft auswirken, wenn erst dadurch auch die weitere Vergütung i.S.v. § 50 aufgebracht wird. Andererseits kann eine Reduzierung der Zahlungsanordnung für den Anwalt nachteilig wirken, falls dadurch die Kosten nicht mehr sämtlich abgedeckt werden und der Anwalt sich nunmehr nur mit der Grundvergütung zufrieden geben muss, während er zuvor noch die Erwartung einer vollen Entlohnung hegen konnte. Auf die Bewilligung als solche und auf die Beiordnung des Anwalts hat eine neue Zahlungsanordnung indes keinerlei Einfluss.
c) Auswirkung der Aufhebung der PKH für den Mandanten
Rz. 44
Der Fortbestand der Bewilligung steht allerdings in Frage, wenn sie erschlichen wurde oder die Partei aus sonstigen Gründen nicht schutzwürdig erscheint, mit staatlicher Unterstützung ihre Rechtsposition wahrzunehmen. Soweit einer der in § 124 Abs. 1 ZPO aufgeführten Gründe vorliegt, kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wieder aufheben. Die Aufhebung wirkt (mangels Schutzwürdigkeit der Partei an einer zeitweiligen Geltung) auf den Beginn der Bewilligung zurück, da alle Vergünstigungen des § 122 ZPO entfallen, als wären sie nie gewährt worden. Die Partei schuldet sämtliche Gerichts- sowie Gerichtsvollzieherkosten, die zwischenzeitlich angefallen sind, und muss der Staatskasse alle Zahlungen an den beigeordneten Anwalt erstatten. Dieser darf seine volle Vergütung gegen die Partei geltend machen (§ 11), soweit der Anspruch nach Zahlungen der Staatskasse noch in seiner Person besteht (§ 59).
d) Auswirkung der Aufhebung der PKH für den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse
Rz. 45
Mit der Aufhebung der Bewilligung endet auch die Beiordnung des Anwalts, da diese von einer bestehenden Bewilligung abhängt (vgl. Rdn 4). Im Gegensatz zur Bewilligung entfällt die Beiordnung aber in aller Regel nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft. Hier schlägt die Rechtsfolge in dem Verhältnis Partei – Staat nicht auf das Verhältnis Anwalt – Staat durch, weil die jeweiligen Interessenlagen eine unterschiedliche Handhabung gebieten (siehe § 45 Rdn 33). Ist der Anwalt tätig geworden im berechtigten Vertrauen auf seine Beiordnung, wonach die Staatskasse für seine Bezahlung aufzukommen hat, so ist sein Vergütungsanspruch für bereits geleistete Tätigkeiten "einwandfrei" entstanden. Für ein nachträgliches Erlöschen dieses Anspruchs nur deshalb, weil der Partei die Vergünstigungen der Prozesskostenhilfe aus persönlichen Gründen wieder entzogen werden, besteht kein Anlass. Gegen eine rückwirkende Aufhebung seiner Beiordnung kann sich der Anwalt beschweren.