Rz. 70

Ist die im Prozess eingeklagte oder im Mahnverfahren geltend gemachte Geschäftsgebühr für den Mandanten tituliert oder an den Mandanten gezahlt worden, besteht keinerlei Anzeigepflicht des Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse. Denn die Titulierung der Geschäftsgebühr für bzw. deren Zahlung an den Mandanten wirkt nicht gegen die Staatskasse.[153] Die Titulierung steht auch einer Zahlung nicht gleich, weil die Titulierung noch keine Erfüllung bewirkt.[154] § 58 gilt nicht für Zahlungen, die nicht für den beigeordneten Rechtsanwalt gedacht sind. Zivilrechtlich besteht für den Anwalt insoweit das Gebot der Auskehrung des empfangenen Geldes (§§ 667, 675 BGB) an den Auftraggeber (Mandant). Wird das empfangene Geld nicht dem Anderkonto zugeführt, kann Untreue (§ 266 StGB) vorliegen, es sei denn, der Rechtsanwalt ist jederzeit uneingeschränkt bereit und jederzeit fähig, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren.

 

Rz. 71

Ebenfalls keine Anzeigepflicht besteht, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt z.B. für die von ihm vertretene Partei (§§ 103 ff. ZPO) oder für sich selbst (§ 126 ZPO) einen Kostenfestsetzungsbeschluss über die Verfahrensgebühr erwirkt hat.[155] Es kommt im Verhältnis des beigeordneten Rechtsanwalts zur Staatskasse nicht darauf an, ob die Geschäfts- oder Verfahrensgebühr für den Mandanten tituliert oder an den Mandanten gezahlt worden ist.[156] Solange der beigeordnete Rechtsanwalt vom Mandanten oder von Dritten keine Zahlungen erhalten hat, die er behalten darf, liegt kein anrechnungserheblicher Tatbestand vor.[157]

[153] Vgl. BayVGH 5.4.2017 – 19 C 15.2425.
[155] Vgl. zur Frage des Verhältnisses von § 15a Abs. 2 zu § 126 ZPO und zu § 59 Hansens, RVGreport 2009, 241, 245 und RVGreport 2011, 68 (Anm. zu OLG Oldenburg RVGreport 2011, 67).
[156] OLG Düsseldorf 31.5.2011 – I-10 W 27/11, NJW-RR 2011, 1565; BayVGH 5.4.2017 – 19 C 15.2425; a.A. LSG NRW 30.4.2018 – L 9 AL 223/16 B; LSG NRW 1.2.2017 – L 19 AS 1408/16 B.
[157] Hansens, RVGreport 2009, 241; Enders, JurBüro 2010, 1, 3.

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