Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 122
Zu den Geschäftsbesorgungspflichten eines Anwalts gehört es auch, die durch seine Tätigkeit entstandenen Kosten bestmöglich von den eigenen Mandanten auf die Gegenseite zu verlagern. Deshalb muss er bei der Mehrfachvertretung Folgendes beachten:
Sind seine Mandanten als Streitgenossen im Prozess unterschiedlich erfolgreich, so stellt sich im Rahmen der Kostenerstattung die Frage, welchem Streitgenossen welcher Anteil an den gemeinsamen Anwaltskosten zuzurechnen ist. Das hängt entscheidend von der Rechtsprechung des jeweiligen Gerichts ab. Droht insoweit eine Aufteilung der gemeinsamen Anwaltskosten der Streitgenossen nach Kopf- oder Wertanteilen, kann es – auch zur Vermeidung einer Eigenhaftung des Anwalts – geboten erscheinen, schon im Voraus eine Absprache der Streitgenossen herbeizuführen, wonach im Innenverhältnis derjenige den vollen Haftungsanteil nach Abs. 2 zu tragen hat, dem die bessere Erstattungsquote zukommt, und dass für die anderen – womöglich gestaffelt – nur der Rest verbleiben soll.
Rz. 123
Eine Klarstellung in diesem Sinne sollte auch dort erwogen werden, wo die Rechtsprechung des Gerichts in dieser Frage nicht bekannt ist. Im Zweifel ist es daher zweckmäßig, bei der Kostenausgleichung sofort alle Kosten gemäß Abs. 2 für den Streitgenossen mit der besseren Quote anzumelden und zur Begründung hierfür auszuführen, dass die Streitgenossen diese Verteilung als die ihnen günstigste im Innenverhältnis so vereinbart haben. Wird dann gleichwohl nach wertanteiliger Beteiligung des jeweiligen Streitgenossen an den gemeinsamen Anwaltskosten festgesetzt mit der Begründung, nach einer neueren Rechtsprechung des BGH könne die Vereinbarung der Streitgenossen untereinander im Verhältnis zum Gegner keine Wirksamkeit für sich beanspruchen, sollte erwogen werden, dagegen mit der Erinnerung oder Beschwerde vorzugehen. Denn nach anderer Rechtsprechung des BGH (6. Zivilsenat) soll eine Sonderregelung der Streitgenossen im Innenverhältnis über die Kostentragung den Umfang ihres Kostenerstattungsanspruchs im Verhältnis zum Gegner nicht nur maßgeblich bestimmen, sondern im Außenverhältnis selbst gesetzliche Haftungsregeln verdrängen können.
Rz. 124
Ob der BGH bei erneuter Anrufung als Rechtsbeschwerdegericht eine ausdrückliche Vereinbarung von Streitgenossen mit dem Inhalt, dass die Regulierung der Vergütung des gemeinsamen Anwalts bei unterschiedlicher Erfolgsquote nach Haftungsanteilen gestaffelt durchgeführt werden soll, letztlich im Verhältnis zum Gegner wird gelten lassen, erscheint gegenwärtig nicht vorhersehbar. Zur Bedeutung des Innenverhältnisses der Streitgenossen für die Kostenerstattung liegen konträre höchstrichterliche Entscheidungen vor. Hierdurch ist die Rechtslage noch unübersichtlicher, als wenn unterschiedliche Obergerichte verschiedene Ansichten vertreten, weil der Anwalt sich auf eine gefestigte "bezirkliche" Rechtsprechung einstellen kann, nicht aber auf wechselnde Entscheidungen derselben Instanz. Für die Kostenerstattung von Streitgenossen ist eine einheitliche Linie nicht ansatzweise erkennbar. Insbesondere fehlen bislang eine grundsätzliche Betrachtung und systematische Erfassung des Zusammenspiels von gesetzlicher Haftung einerseits der Streitgenossen als Kostenschuldner im Verhältnis zu ihrem gemeinsamen Anwalt (Abs. 2) und zum anderen des Gegners als Kostenschuldner im Verhältnis zu den Streitgenossen.