Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 65
Finden sich mehrere Auftraggeber zusammen, um gemeinsam einen Anwalt mit der Durchführung einer Angelegenheit zu betrauen, so bilden sie eine Zweckgemeinschaft, der es in aller Regel darum geht, die Geschäftsbesorgungskosten möglichst gering zu halten. Die gemeinsame Beauftragung nur eines Anwalts ist stets preisgünstiger als seine Beauftragung mit verschiedenen Angelegenheiten oder die getrennte Interessenvertretung durch verschiedene Anwälte. Der damit einhergehende Verlust an Vertraulichkeit wird angesichts des Vorteils einer Kostenreduzierung hingenommen.
Rz. 66
Nach der Lebenserfahrung kann unterstellt werden, dass alle Auftraggeber gleichermaßen von der Kostenersparnis profitieren wollen. Das Interesse eines jeden ist es, bei der Endabrechnung besser zu stehen, als wenn nur eine Einzelvertretung stattgefunden hätte. Daraus folgt der Grundsatz, dass – abweichend von der Hilfsregel des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB – im Innenverhältnis der Auftraggeber zueinander der Einzelne eine nach Wertgebühren (§ 13) begründete Gesamtforderung des Anwalts entsprechend seinem wertmäßigen Anteil an allen vertretenen Gegenstandsinteressen befriedigen soll, falls Anhaltspunkte für eine besondere Verteilung nicht ersichtlich sind.
Rz. 67
Eine Besonderheit ist etwa gegeben, wenn die Tätigkeit des Anwalts in einem Verfahren stattfindet, wo Kostenerstattung in Betracht kommt (z.B. § 91 ZPO). Dann besteht zwischen den Auftraggebern auch eine Risikogemeinschaft. Ihre endgültige Kostenlast im Verhältnis zum eigenen Anwalt hängt letztlich davon ab, inwieweit ihnen Erstattungsansprüche zustehen, um die Vergütung des Anwalts damit abdecken zu können. Der Umfang dieser Erstattungsansprüche ist von dem jeweiligen Erfolg der Interessenvertretung abhängig. So tragen alle Auftraggeber zusammen ein erfolgsabhängiges Verfahrenskostenrisiko.
Rz. 68
In Verbindung mit dem Zweck der Gemeinschaft, die Verfahrenskosten möglichst gering zu halten, folgt "aus der Natur der Sache" unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben die jedenfalls stillschweigende Übereinkunft, dass intern in erster Linie derjenige Auftraggeber dem Anwalt gegenüber verpflichtet sein soll, dessen Haftungsanteil durch einen Erstattungsanspruch gedeckt ist. Bei mehreren Auftraggebern mit unterschiedlichen Erstattungsansprüchen ergibt sich daraus die einvernehmliche Rangordnung, den Anwalt zunächst mit Hilfe der einzelnen Erstattungsansprüche – gestaffelt nach Höhe – zu befriedigen. Diese natürliche Betrachtungsweise will der BGH allerdings nicht gelten lassen. Ob das Interesse der Streitgenossen auch dann außer Acht bleiben soll, wenn sie die Kostenverteilung ausdrücklich so geregelt haben, bleibt offen.
Rz. 69
Nach der neuen Rechtsprechung des BGH soll der einzelne Streitgenosse grundsätzlich nicht auf seinen gesetzlichen Haftungsanteil gemäß Abs. 2 S. 1 dem gemeinsamen Anwalt gegenüber zurückgreifen dürfen. Vielmehr soll der Ersatzpflichtige in der Regel davon ausgehen können, dass ihm gegenüber der einzelne Streitgenosse nur den Anteil geltend machen darf, der von den gesamten gemeinsamen Anwaltskosten der Streitgenossen wertanteilig auf diesen entfällt. Dem steht jedoch entgegen, dass Auftraggeber bei ihrer internen Festlegung der Zahlungspflicht dem gemeinsamen Anwalt gegenüber keine Rücksicht auf die Belange eines kostentragungspflichtigen Gegners nehmen müssen. Vielmehr sind sie ohne jede Einschränkung berechtigt, eine Verteilung zu wählen, die einzig und allein ihren eigenen Vermögensinteressen bestens gerecht wird. Deshalb können sie jedwede Verabredung zur Kostenlast treffen. Das ist wirksam, für die Kostenfestsetzung erheblich und wird vom BGH in einem Sonderfall auch akzeptiert, nämlich in Haftpflichtprozessen für den Kostenerstattungsanspruch des Versicherers. Im Außenverhältnis zum Gegner ist eine solche Regelung allerdings nur in dem Umfang verbindlich, wie der einzelne Streitgenosse dem gemeinsamen Anwalt gegenüber kraft Gesetzes haftet. Obergrenze seines Erstattungsanspruchs ist seine Verpflichtung gemäß Abs. 2. Das scheint der BGH zu übersehen, wenn – zutreffend – davon ausgegangen wird, dass der Versicherte neben dem Versicherer ebenfalls Auftraggeber des Anwalts ist (wäre nur der Versicherer Auftraggeber, fiele eine Erhöhung der Verfahrensgebühr nicht an, siehe VV 1008 Rdn 14). Die Übereinkunft einer weiter gehenden Verpflichtung des Gegners wäre ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter. Das träfe etwa auf die Vereinbarung der Streitgenossen zu, einer von ihnen solle alle gemeinsamen Kosten allein übernehmen und dem Gegner gegenüber ansetzen dürfen.