a) Regelungsgehalt

 

Rz. 126

Abs. 2 enthält eine spezielle Regelung zur Hemmung der Vergütung in gerichtlichen Verfahren. Es handelt sich also hier um eine spezielle Regelung in Ergänzung des § 204 BGB. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, den Ablauf der Verjährung so lange zu hemmen, als das Verfahren noch anhängig ist. Diese Regelung schafft zahlreiche Unklarheiten, die bei gehöriger Sorgfalt hätten vermieden werden können. Über den Sinn und Zweck dieser Vorschrift kann man ohnehin geteilter Auffassung sein. Ein Anwalt, der sorgfältig arbeitet und bei Fälligkeit (Abs. 1) abrechnet, wird des Schutzes des Abs. 2 S. 1 nicht bedürfen.

b) Voraussetzungen

aa) Gerichtliches Verfahren

 

Rz. 127

Voraussetzung für die Anwendung des Abs. 2 S. 1 ist, dass die Vergütung aus einem gerichtlichen Verfahren stammt. In welcher Eigenschaft der Anwalt dort tätig geworden ist, ist dabei unerheblich. Die Vorschrift gilt insbesondere für den Prozessbevollmächtigten, aber auch für den Verkehrsanwalt, den Terminsvertreter oder einen mit sonstigen Einzeltätigkeiten beauftragten Anwalt, wie etwa den sog. Fluranwalt. Nicht ausreichend sind außergerichtliche Tätigkeiten, etwa im Schlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO (VV 2303 Nr. 4) oder in einem Schiedsverfahren (§ 36) oder auch die Beratung über die Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels (VV 2100 ff.).

bb) Anhängigkeit

 

Rz. 128

Das Verfahren muss anhängig sein bzw. anhängig geblieben sein. Was unter "Anhängigkeit" zu verstehen sein soll, ist unklar. Der Wortlaut erscheint eindeutig und lässt an § 253 ZPO denken. Der Begriff der Anhängigkeit soll nach dem Willen des Gesetzgebers aber nicht im strengen prozessualen Sinne zu verstehen sein. Auch die "Anhängigkeit" von Nebenverfahren, wie Kostenfestsetzungsverfahren, Streitwertbeschwerdeverfahren u.a., soll ausreichen. Solange der Anwalt noch mit solchen Abwicklungs- und Nebentätigkeiten befasst ist, soll er nicht Gefahr laufen, dass seine Vergütung verjähren kann.

c) Umfang des gerichtlichen Verfahrens

 

Rz. 129

Gehemmt wird der Ablauf der Verjährung für die Vergütung des noch anhängigen gerichtlichen Verfahrens. Auch diese Regelung ist insoweit unklar, als sie nicht auf die Angelegenheit abstellt, sondern auf das "gerichtliche Verfahren". Abzustellen sein dürfte aber wohl auch hier auf die Angelegenheit. Sofern innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens eine gesonderte Angelegenheit stattgefunden hat, wie etwa z.B. ein Beschwerdeverfahren, beginnt hier die Verjährungsfrist wohl für die Gebühren des Beschwerdeverfahrens auch dann zu laufen, wenn die Hauptsache noch nicht endgültig abgeschlossen ist; da jedenfalls das Beschwerdeverfahren als solches rechtskräftig abgeschlossen ist und dies nach dem Wortlaut des Abs. 2 ausreicht.

 

Beispiel: Gegen die Aussetzung des Rechtsstreits durch das LG legt der Kläger gemäß § 252 ZPO Beschwerde ein. Die Beschwerde wird vom OLG kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Verjährung in der Hauptsache läuft nicht, da kein Fälligkeitstatbestand nach Abs. 1 gegeben ist. Die Verjährung für die Gebühren des Beschwerdeverfahrens (VV 3500, 3513) läuft dagegen ungehemmt, da diese Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3) rechtskräftig abgeschlossen ist. Lediglich ein Kostenfestsetzungsverfahren o.Ä. über die Kosten des Beschwerdeverfahrens würde nach Abs. 2 die Vergütung für dieses Verfahren hemmen.

 

Beispiel: Gegen das erstinstanzliche Urteil wird Berufung eingelegt. Zwischenzeitlich werden jedoch bereits die Kosten festgesetzt. Gegen die Festsetzung wird Beschwerde erhoben, über die das Beschwerdegericht entscheidet.

Die Verjährung in der Hauptsache läuft wiederum nicht. Zwar sind Fälligkeitstatbestände nach Abs. 1 S. 1 und S. 2 gegeben; die Berufung hemmt jedoch den Ablauf der Verjährung. Die Verjährung für die Gebühren des Beschwerdeverfahrens (VV 3500, 3513) läuft dagegen wiederum ungehemmt, da diese Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3) rechtskräftig abgeschlossen ist. Lediglich ein Kostenfestsetzungsverfahren über die Kosten des Beschwerdeverfahrens würde nach Abs. 2 die Vergütung für dieses Beschwerdeverfahren hemmen.

 

Rz. 130

Gleiches gilt erst recht für einstweilige Anordnungen in Familiensachen. Auch diese Verfahren stellen eigene Angelegenheiten dar (§ 17 Nr. 4 Buchst. b).

 

Beispiel: Der Anwalt war im August 2014 beauftragt worden, ein Verfahren auf Zahlung von Ehegattenunterhalt einzuleiten. Gleichzeitig hatte er den Auftrag erhalten, eine einstweilige Anordnung betreffend Ehegattenunterhalt zu beantragen. Im September 2014 war über die einstweilige Anordnung verhandelt und dort eine Einigung geschlossen worden. Die Hauptsache wurde schließlich im November 2017 entschieden und im Dezember rechtskräftig. Hieran schloss sich aber noch das Kostenfestsetzungsverfahren an, das erst am 18.1.2018 abgeschlossen wurde.

Hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens begann die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2017 zu laufen. Sie war jedoch durch das Kostenfestsetzungsverfahren zunächst gehemmt, so dass die dreijährige Frist dann erst ab dem 18.1.2018 zu laufen begann. Die Verjährung endet somit mit Ablauf des 18.1.2021.

Hinsichtlich der einstweiligen Anordnung verhä...

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