Rz. 38
Ein Vorschuss kann grundsätzlich jederzeit angefordert werden. Das Vorschussrecht entsteht mit Auftragserteilung.
Rz. 39
Eine vor Eintritt der Fälligkeit erstellte Vergütungsrechnung ist in der Regel in eine Vorschussanforderung umzudeuten, da vor Eintritt der Fälligkeit die Vergütung nicht abgerechnet werden kann (§ 10 Abs. 1).
Rz. 40
Der Vorschuss wird mit seiner Anforderung fällig (§ 271 BGB). Die Vorschrift des § 8 gilt hier nicht.
Rz. 41
Auch eine Anforderung des Vorschusses zur "Unzeit" ist wirksam. Hier kann der Anwalt bei Ausbleiben der Zahlung allenfalls gehindert sein, sofort Konsequenzen zu ergreifen, wenn der Vorschuss nicht eingeht (vgl. Rdn 86 ff.).
Rz. 42
Dem Anwalt kann grundsätzlich nur empfohlen werden, den Vorschuss so frühzeitig wie möglich anzufordern, um seine Gebühren abzusichern und damit nicht in die Gefahr zu geraten, dass er den Vorschuss zu spät, also zur Unzeit, einfordert und dann aus der ausbleibenden Zahlung keine Konsequenzen mehr herleiten kann. Auch kann sich der Anwalt strafrechtlicher und berufsrechtlicher Bedenken aussetzen, wenn er mit dem Einfordern oder Besichern eines Vorschusses abwartet, bis der Auftraggeber in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist.
Rz. 43
Ist der Anwalt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden, sollte auch er sich nicht scheuen, von der Staatskasse Vorschüsse nach § 47 zu fordern. Laufende Vorschüsse sichern auch hier die Liquidität. Zudem kann sich die endgültige Festsetzung der PKH-Vergütung durch Rechtsmittelverfahren o.Ä. verzögern. So können sich z.B. Schwierigkeiten ergeben, wenn die Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe aufgehoben wird. Auch, wenn dies die Vergütungsansprüche des Anwalts letztlich nicht berührt, führt dies zu Verzögerungen und unnötigem Aufwand, der leicht umgangen werden kann, wenn rechtzeitig Vorschüsse erhoben werden. Zudem ist die Staatskasse in den jetzigen Zeiten auch nicht mehr der sichere Schuldner, der er einmal war. So können Haushaltssperren eine spätere Auszahlung verzögern.
Rz. 44
Nach überwiegender Ansicht soll das Recht auf Vorschuss erlöschen, wenn die Vergütung fällig geworden ist (siehe § 8 Rdn 10). Dies ist in dieser uneingeschränkten Form nicht richtig. Es gilt vielmehr der allgemeine Grundsatz, dass ein Vorschuss dann nicht mehr gefordert werden kann, wenn die zu bevorschussende Forderung abgerechnet werden kann. Denkbar sind jedoch Fälle, in denen trotz Fälligkeit der Honorarforderung diese noch nicht abschließend berechnet werden kann, etwa weil noch Angaben des Mandanten zum Gegenstandswert fehlen, eine gerichtliche Wertfestsetzung noch aussteht und die Parteien selbst den Wert nicht ermitteln können oder wenn bei einer Vergütungsvereinbarung noch nicht sämtliche Berechnungsunterlagen vorliegen. In diesen Fällen muss dem Anwalt das Recht auf Vorschuss erhalten bleiben. Er kann insoweit durch die eingetretene Fälligkeit nicht schutzlos gestellt werden.