Rz. 37
Die Entstehung einer Verfahrensgebühr setzt nicht zwingend voraus, dass der Anwalt für Kläger oder Beklagten tätig wird. Auch die auftragsgemäße Vertretung anderer Beteiligter eines gerichtlichen Verfahrens, wie beispielsweise des Nebenintervenienten, kann die Verfahrensgebühr auslösen. Für den Rechtsanwalt des Nebenintervenienten gilt dasselbe wie für den Rechtsanwalt von Kläger und Beklagtem: Er kann die volle 1,3-Verfahrensgebühr nur dann verlangen, wenn er eine der in VV 3101 aufgeführten Tätigkeiten ausgeführt hat. Ansonsten steht ihm nur eine 0,8-Verfahrensgebühr zu. Unproblematisch sind dabei die Fälle, in denen der Rechtsanwalt für seinen Mandanten den Beitritt zum Rechtsstreit erklärt und sodann einen Sachantrag stellt bzw. sich dem Antrag "seiner" Partei anschließt oder Sachvortrag macht.
Im Falle der Nebenintervention ist es jedoch auch möglich, dass der Rechtsanwalt des Nebenintervenienten Sachvortrag macht, ohne zuvor beigetreten zu sein bzw. dem Rechtsstreit auf der Seite eines der Prozess- oder Verfahrensbeteiligten beitritt, ohne einen Antrag zu stellen. Fraglich ist, ab welchem Zeitpunkt dem Rechtsanwalt eines Nebenintervenienten die volle Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3 zusteht.
Rz. 38
Der Beitritt allein ist weder ein Sachantrag noch Sachvortrag, so dass durch ihn nicht die volle 1,3-Verfahrensgebühr ausgelöst wird. Erklärt also der Rechtsanwalt des Nebenintervenienten den Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten einer Partei, ohne zur Sache einen Antrag zu stellen oder Sachausführungen zu machen, erhält er nur die reduzierte Verfahrensgebühr gemäß VV 3101 Nr. 1 i.H.v. 0,8. Erst dann, wenn er sich z.B. dem Antrag der Partei anschließt, der er beigetreten ist, oder wenn er einen Schriftsatz einreicht, der Sachvortrag enthält, erhält er die volle Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3 nach VV 3100.
Rz. 39
Bei der Frage, ob der Anwalt des Nebenintervenienten schon vor dem Beitritt eine 1,3-Verfahrensgebühr verdienen kann, ist zwischen Entstehung und Erstattungsfähigkeit der Gebühr zu differenzieren: Die volle 1,3-Verfahrensgebühr entsteht, wenn der Anwalt als Prozessbevollmächtigter beauftragt wird und für den Streitgenossen Ausführungen zur Sache macht. Sie ist jedoch nicht erstattungsfähig, weil die Tätigkeit des Anwalts vor dem Beitritt des Streitgenossen keinerlei Wirkung entfalten kann und damit eine nutzlose Prozesshandlung darstellt. Gleiches gilt, wenn der Rechtsanwalt des Nebenintervenienten für diesen einen Termin – nicht notwendig Gerichtstermin – wahrnimmt. Erfolgt diese Terminswahrnehmung vor dem Beitritt, reicht dies schon aus dem Grunde nicht für eine 1,3-Verfahrensgebühr, weil es keine Teilnahme als Verfahrensbevollmächtigter ist.
Rz. 40
Die Anwaltsgebühren für die Vertretung des Nebenintervenienten berechnen sich gemäß § 23 Abs. 1 nach dem für die Gerichtsgebühren geltenden Wert. Dieser ist gemäß § 3 ZPO zu schätzen, wobei maßgeblich das Interesse des Streithelfers bzw. die drohende Einwirkung der Hauptsachentscheidung auf seine vermögensrechtlichen Verhältnisse ist.