Rz. 59
Zwischen den Parteien der Einigung muss ein Rechtsverhältnis streitig sein. Nicht erforderlich ist, dass ein Rechtsverhältnis tatsächlich besteht. Es genügt, wenn ein solches Rechtsverhältnis von einer der Parteien behauptet wird. Der Streit über das Bestehen und den Umfang des Rechtsverhältnisses soll ja gerade durch die Einigung beseitigt werden.
Rz. 60
Der Begriff des Rechtsverhältnisses ist äußerst weit zu fassen. Erfasst werden sämtliche Rechtsverhältnisse des materiellen Rechts, sofern die Parteien hierüber verfügen können. Insbesondere zählen also schuldrechtliche, dingliche, familien- und erbrechtliche Rechtsverhältnisse hierzu. Auch vertragliche Nebenpflichten und vorvertragliche Pflichten können ein Rechtsverhältnis i.S.d. Anm. Abs. 1 S. 1 begründen, ebenso Ansprüche, die aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter hergeleitet werden. Gleiches gilt für gesetzliche Rechtsverhältnisse, etwa aus deliktischer Haftung. So begründen Schadensersatzforderungen nach §§ 823 ff. BGB, § 7 StVG ein Rechtsverhältnis, ebenso Rechtsbeziehungen, die keinen Vertrag voraussetzen wie Geschäftsführung ohne Auftrag, bereicherungsrechtliche Anspruchsverhältnisse. Ein Rechtsverhältnis liegt auch dann vor, wenn die Forderung nicht klagbar ist, also bei so genannten Naturalobligationen oder auch bei bloßen "moralischen Verpflichtungen".
Rz. 61
Auch Rechtsverhältnisse des öffentlichen Rechts kommen in Betracht, soweit die Parteien über den Streitgegenstand verfügen können (Anm. Abs. 4).
Rz. 62
Strittig ist, ob das Prozessrechtsverhältnis für sich genommen schon als Rechtsverhältnis ausreicht. Siehe hierzu auch OLG Koblenz.
Rz. 63
Für das Aushandeln eines Vertrages steht dem Rechtsanwalt eine Einigungsgebühr nur zu, wenn sich zuvor ein Vertragspartner einer Rechtsposition berühmt hat. Das bloße Aushandeln von Verträgen, mit denen ein Rechtsverhältnis eingegangen oder aufgehoben werden soll, stellt für sich genommen noch keine Einigung dar (Anm. Abs. 1). Voraussetzung ist, dass zwischen den Parteien zuvor entweder Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertragsverhältnisses bestand oder über den Inhalt des Vertragsverhältnisses und dieser Streit dann durch den Abschluss oder die Aufhebung des Vertragsverhältnisses beseitigt werden sollte. Bei Abschluss eines Vertrages müsste also darüber Streit bestehen, ob ein Vertragsverhältnis bereits begründet worden ist oder ob zwischen den Parteien ein Vorvertrag besteht, aufgrund dessen der Abschluss des Vertrages verlangt werden kann. Verhandeln die Parteien dagegen über wirtschaftliche Positionen, löst der Vertragsschluss keine Einigungsgebühr aus, auch dann nicht, wenn jede Partei schließlich von ihren wirtschaftlichen Standpunkten im Wege des gegenseitigen Nachgebens abrückt.
Beispiel: Der Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages für sich allein löst noch keine Einigungsgebühr aus. Die Einigungsgebühr entsteht nur dann, wenn durch den Mietaufhebungsvertrag der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden sollte. Ebenso löst der Abschluss eines gesellschaftsrechtlichen Auflösungsvertrages keine Einigungsgebühr aus.