Rz. 34
Dem Anwalt steht ein Gebührenrahmen von 0,5 bis 1,0 zu. Die Mittelgebühr beträgt 0,75. Die Gebührenhöhe bestimmt der Anwalt unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Abs. 1 im Einzelfall.
Rz. 35
Der Höchstsatz von 1,0 rechtfertigt sich in der Regel dann, wenn es sich bei dem zugrundeliegenden Fall um eine rechtlich schwierige, umfangreiche Sache handelt (hier Arzthaftungssache mit insgesamt fünf Beklagten). Bei der Gebührenbestimmung kann zu berücksichtigen sein, dass das VV für eine vorzeitige Erledigung des Rechtsmittelverfahrens bereits eine höhere Gebühr als 1,0 vorsieht (z.B. VV 3201, 3207: 1,1).
Rz. 36
Berät der Anwalt mehrere Auftraggeber gemeinschaftlich hinsichtlich desselben Gegenstandes, so erhöht sich der Gebührensatzrahmen um jeweils 0,3 je weiteren Auftraggeber, obwohl es sich nicht um eine Geschäfts- oder Verfahrensgebühr handelt. Bei zwei Auftraggebern beträgt der Gebührenrahmen somit 0,8 bis 1,3. Die Mittelgebühr beträgt dann 1,05. Höchstens kann der Gebührenrahmen bei 2,5 bis 3,6 liegen, wenn der Anwalt acht oder mehr Auftraggeber vertritt.
Rz. 37
Eine Begrenzung der Gebührenhöhe wie in § 34 ist nicht vorgesehen. Insbesondere gilt die Kappungsgrenze für eine Erstberatung auch dann nicht, wenn sich die Prüfung auf ein erstes Gespräch beschränkt. Auf die Gebühren nach Abschnitt 2 sind die Beschränkungen des § 34 auch nicht entsprechend anwendbar.
Rz. 38
Unklar ist, ob eine Begrenzung der Prüfungsgebühr nach der Neufassung des § 15 Abs. 6 in Betracht kommt. Grundsätzlich gilt § 15 Abs. 6 nur für Einzeltätigkeiten, die nach § 19 Teil der Hauptsache sein können, nicht aber für Tätigkeiten, die besondere Angelegenheiten darstellen, wie die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels. Ob hier in analoger Anwendung eine Begrenzung anzunehmen ist, erscheint fraglich.
Beispiel: Der Anwalt ist beauftragt, zu prüfen, ob Aussicht besteht, gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde einzulegen (Gegenstandswert: 50.000 EUR).
Für die Prüfung der Erfolgsaussicht steht dem Anwalt eine Gebühr i.H.v. 0,5 bis 1,0 zu; die Mittelgebühr beträgt 0,75. Für die Beschwerde erhält der Anwalt jedoch nur eine 0,5-Verfahrensgebühr nach VV 3500, auf die die Prüfungsgebühr anzurechnen wäre (Anm. zu VV 2100). Es erscheint auf den ersten Blick seltsam, wenn ein Anwalt für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels höhere Gebühren erhalten könnte als für das Rechtsmittelverfahren selbst. Zwar greift § 15 Abs. 6 nicht unmittelbar, da die Prüfung der Erfolgsaussicht gegenüber dem Rechtsmittel eine eigene Angelegenheit darstellt. Andererseits wäre im Falle des sofortigen Rechtsmittelauftrags die Prüfungstätigkeit mit abgegolten (§ 19 Abs. 1 S. 1). Dies spricht dafür, jedenfalls im Rahmen des § 14 Abs. 1 zu berücksichtigen, dass im Rechtsmittelverfahren nur eine 0,5-Verfahrensgebühr abgerechnet werden darf, so dass die Prüfungstätigkeit hier auf die Mindestgebühr zu begrenzen wäre.
I. Prüfung der Erfolgsaussicht
1. |
0,5-Prüfungsgebühr, VV 2100 (Wert: 50.000,00 EUR) |
|
639,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
659,50 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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125,31 EUR |
Gesamt |
|
784,81 EUR |
II. Rechtsmittelverfahren
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, VV 3500 (Wert: 50.000,00 EUR) |
|
639,50 EUR |
2. |
gem. Anm. zu VV 2100 anzurechnen, 0,5 aus 50.000,00 EUR |
|
– 639,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
20,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
3,80 EUR |
Gesamt |
|
23,80 EUR |
Rz. 39
Endet der Auftrag vorzeitig, also bevor der Anwalt die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels geprüft hat, so findet eine Reduzierung des Gebührenrahmens nicht statt. Eine der Anm. zu VV 3201 u.a. entsprechende Vorschrift ist nicht vorgesehen. Die vorzeitige Beendigung ist lediglich bei der Bemessung nach § 14 Abs. 1 zu berücksichtigen. Es ist dann eine Gebühr im unteren Bereich, ggf. die Mindestgebühr anzusetzen.