Rz. 127
Anzuwenden ist die Ermäßigungsvorschrift der Nr. 3, 2. Alt., wenn lediglich ein Antrag gestellt und eine Entscheidung entgegengenommen wird. Systematisch setzt Nr. 3 voraus, dass nicht bereits die Ermäßigungstatbestände der Nr. 1 oder Nr. 2 vorliegen. Ist dies der Fall, kommt es auf Nr. 3 nicht mehr an. Stellt der Anwalt also noch nicht einmal einen Antrag, sondern nimmt er nur die Entscheidung entgegen, liegt bereits der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1 vor. Dies wären etwa die Fälle, in denen der Auftraggeber den Antrag bereits selbst gestellt und erst hiernach den Anwalt beauftragt hatte oder solche, in denen der Antrag von der Gegenseite gestellt worden ist.
Rz. 128
Die Aufzählung Antrag "und" Entscheidung ist nicht kumulativ gemeint. Die Ermäßigung tritt selbstverständlich erst recht dann ein, wenn nur ein Antrag gestellt wird, weil es nicht mehr zu einer Entscheidung kommt oder das Mandat vor Erlass der Entscheidung endet.
Rz. 129
Die Ermäßigung der Nr. 3 greift nur dann, wenn "lediglich ein Antrag" gestellt worden ist. Daher ist Nr. 3 nicht anzuwenden
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wenn der Antrag begründet wird, |
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wenn im Nachhinein – etwa auf Nachfragen des Gerichts oder auf Einwendungen der Gegenseite – Begründungen oder weitere Ausführungen nachgereicht werden. |
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Des Weiteren dürfte Nr. 3 dann nicht anwendbar sein, wenn der Anwalt zwar keine Begründung oder Rechtsausführungen nachreicht, aber im Nachhinein noch weitere Unterlagen o.Ä. beibringt, die sich als erforderlich erweisen. |
Nr. 3 will nämlich lediglich die Fälle erfassen, in denen der Anwalt nichts Weiteres tut, als den Antrag zu stellen und die Entscheidung entgegenzunehmen.
Rz. 130
Die Gegenauffassung von Müller-Rabe, dass die Ermäßigung nach Nr. 3 auch dann eingreifen müsse, wenn die Anträge begründet seien, ist abzulehnen. Müller-Rabe ist der Auffassung, dass die Vorschrift der Nr. 3 anderenfalls ins Leere laufe, weil in der Praxis die meisten Anträge in FG-Verfahren zumindest kurz begründet würden. Er will deshalb die Ermäßigung nach Nr. 3 nur dann ausschließen, wenn sich das Gericht nicht mit den Angaben der Antragsschrift zufrieden gibt und weitere Ausführungen vom Antragsteller fordert und der Rechtsanwalt diese für ihn abgibt.
Diese Auffassung findet weder im Gesetz noch in der Begründung des Gesetzgebers eine Stütze. So räumt Müller-Rabe dann auch selbst ein, seine Auffassung könne dazu führen, dass ein Anwalt zunächst einmal den Antrag ohne Begründung einreicht und erst im Nachhinein begründet, um die Gebührenermäßigung zu umgehen. Dieses Problem will er dann mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) lösen.
Auch hier dürfte es wieder entscheidend auf den Auftrag des Mandanten ankommen, ob dieser über die bloße Antragstellung auch vorsorglich eine Begründung des Antrags begehrt.
Rz. 131
Nimmt der Anwalt einen gerichtlichen Termin wahr, so entsteht dadurch nicht nur die Terminsgebühr nach VV 3104; vielmehr wird damit auch die Anwendung der Nr. 3 ausgeschlossen, da sich die Tätigkeit des Anwalts dann nicht mehr "lediglich auf einen Antrag" beschränkt. In diesem Fall kommt es also nicht darauf an, ob der Antrag begründet war oder nicht.
Beispiel: Der Anwalt stellt lediglich einen Antrag, ohne ihn zu begründen. Später nimmt er an einem Termin teil und nimmt die spätere Entscheidung entgegen.
Obwohl der Anwalt auch hier lediglich einen Antrag gestellt hat, ohne ihn zu begründen, greift Nr. 3 dennoch nicht, weil er zusätzlich noch einen Termin wahrgenommen hat.