a) Gerichtliches Verfahren

 

Rz. 520

Ist über den Gegenstand des Vertrages kein gerichtliches Verfahren und auch kein Prozesskostenhilfeverfahren anhängig, erhält der Anwalt für seine Mitwirkung eine 1,5-Einigungsgebühr. Mit gerichtlichem Verfahren ist hier nicht das Erkenntnisverfahren gemeint, sondern ein Verfahren im Rahmen der Zwangsvollstreckung.[547] Schwebt also wegen der den Gegenstand des Vergleichs bildenden Forderung bereits ein Verfahren auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bzw. ist ein Verfahren gemäß § 765a ZPO oder § 766 ZPO anhängig, fällt gemäß VV 1003 nur eine 1,0-Einigungsgebühr an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die entsprechenden Erl. zu VV 1000 verwiesen.[548]

[547] Hansens/Braun/Schneider/Volpert, Teil 18 Rn 41; Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, VV 3310 Rn 10.
[548] Vgl. auch Schneider, AGS 2010, 417 m. Abrechnungsbsp.

b) Beschwerdeverfahren

 

Rz. 521

Ist über den Gegenstand der Einigung in der Zwangsvollstreckung ein Beschwerdeverfahren anhängig, entsteht die Einigungsgebühr nach dem Wortlaut von VV 1003 grds. mit einem Satz von 1,0. VV 1004 (1,3) gilt grds. nicht, weil das Beschwerdeverfahren in der Zwangsvollstreckung nicht unter die in VV Vorb. 3.2.1 und 3.2.2 genannten Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren fällt.

 

Rz. 522

Eine Ausnahme gilt nur für die unter VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2a und 3.2.2 Nr. 1a fallenden Beschwerden und Rechtsbeschwerden bei ausländischen Titeln. Auf die entsprechenden Erl. bei VV Vorb. 3.2.1 wird verwiesen.

c) Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher

 

Rz. 523

Nach der Anm. Abs. 1 S. 3 zu VV 1003 steht das Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher einem gerichtlichen Verfahren gleich. Im Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher fällt deshalb gemäß VV 1003 nur eine 1,0-Einigungsgebühr an.

 

Rz. 524

Ist der Einigungsgegenstand im Vollstreckungsverfahren bei dem Gerichtsvollzieher und gleichzeitig im Berufungsverfahren anhängig, beträgt die Einigungsgebühr 1,3:

 

Beispiel 1 (Berufung und Einigung vor dem Gerichtsvollzieher): Rechtsanwalt R erwirkt für den von ihm vertretenen Kläger ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Zahlungsurteil über 5.000 EUR. Der Beklagte legt hiergegen Berufung ein. R beauftragt den Gerichtsvollzieher GV mit der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Der Schuldner meldet sich aufgrund des Vollstreckungsversuchs des GV sofort bei R und erzielt mit diesem eine unter VV 1000 fallende Ratenzahlungsvereinbarung.

Lösung:

1. 0,3 Verfahrensgebühr, VV 3309
2. 1,3 Einigungsgebühr, VV 1004, 1003

Wenn die Einigung die Voraussetzungen der VV 1000 erfüllt, ist der Einigungsgegenstand zum einen in einem dem gerichtlichen Verfahren gleichstehenden Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher (Mobiliarvollstreckung) und zum anderen im Berufungsverfahren anhängig. Während die Einigungsgebühr im Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher nach Abs. 1 S. 3 der Anm. zu VV 1003 1,0 beträgt, entsteht bei Anhängigkeit des Einigungsgegenstands im Berufungsverfahren eine 1,3 Einigungsgebühr nach VV 1004, 1003. Maßgeblich ist dann der höhere Gebührensatz der Einigungsgebühr nach VV 1004, 1003 i.H.v. 1,3.[549]

 

Rz. 525

Ist der Gerichtsvollzieher nur Zustellungsorgan, beträgt die Einigungsgebühr 1,5:

 

Beispiel 2 (Zustellung durch den Gerichtsvollzieher): Der Schuldner ist zur Zahlung von 5.000 EUR rechtskräftig verurteilt worden. Rechtsanwalt R beauftragt den Gerichtsvollzieher GV mit der Zustellung eines vorläufigen Zahlungsverbots an den Schuldner. Kurze Zeit später wird eine Ratenzahlungsvereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner erzielt.

Lösung:

1. 0,3 Verfahrensgebühr, VV 3309
2. 1,5 Einigungsgebühr, VV 1000

Bei der Zustellung einer Vorpfändungsbenachrichtigung gemäß § 845 ZPO wird der Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan tätig, wenn er vom Gläubiger gemäß § 845 Abs. 1 S. 2 ZPO mit der Anfertigung der Vorpfändungsbenachrichtigung beauftragt worden ist. In diesem Fall muss der Gerichtsvollzieher nach § 126 Abs. 3 GVGA die Voraussetzungen der Vorpfändung prüfen. Hierzu gehört insbesondere, ob der Gläubiger einen vollstreckbaren Schuldtitel erwirkt hat.

 

Rz. 526

Wird der Gerichtsvollzieher nur mit der Zustellung der vom Gläubiger gefertigten Vorpfändungsbenachrichtigung beauftragt, wird der Gerichtsvollzieher nicht als Vollstreckungsorgan, sondern als Zustellungsorgan tätig (vgl. § 126 Abs. 4 GVGA).

 

Rz. 527

Aus der Regelung in Abs. 1 S. 3 der Anm. zu VV 1003 geht nicht hervor, ob der Gesetzgeber nur bei Tätigkeit im Zwangsvollstreckungsverfahren vor dem Gerichtsvollzieher oder auch bei Tätigkeit des Gerichtsvollziehers als Zustellungsorgan von einem Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher ausgeht. Wird der Gerichtsvollzieher nur mit der Zustellung der Vorpfändungsbenachrichtigung beauftragt, liegt nur ein Auftrag für eine einzelne Handlung vor, sodass kein Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher vorliegen dürfte.

[549] Volpert, RENOpraxis 2007, 76, 91; N. Schneider, Fälle und Lösungen zum RVG, 3. Aufl., § 32 Rn 61.

d) Gegenstandswert

 

Rz. 528

Für den Gegenstandswert der Einigungsgebühr sind §§ 25 und 31b zu beachten. § 31b ist im Zusammenhang mit der Einigungsgebühr für Zahlungsvereinbarungen in Ab...

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