Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 460
Eine Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung wird vielfach aber erst dann als notwendig angesehen, wenn alle oder nahezu alle Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen (siehe Rdn 42). Der Gläubiger muss im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels sein und die titulierte Forderung muss fällig sein. Deshalb muss die Vollstreckungsklausel – soweit erforderlich (nicht beim Arrest) – erteilt sein. Eine erforderliche Sicherheitsleistung (vgl. § 751 Abs. 2 ZPO) muss aber nicht erbracht sein (siehe Rdn 463). Auch die vorherige oder zumindest gleichzeitige Zustellung des Vollstreckungstitels bzw. der vollstreckbaren Ausfertigung gehört nicht zu diesen Voraussetzungen.
Rz. 461
Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass der Mandant einen Vollstreckungsauftrag üblicherweise nur erteilen wird, wenn die dadurch entstehenden Kosten erstattungsfähig sind. Das wiederum ist nur der Fall, wenn der Schuldner im Zeitpunkt des Tätigwerdens des Anwalts zum einen bereits zur Leistung verpflichtet ist und zum anderen ausreichend Zeit hatte, der titulierten Verpflichtung nachzukommen.
Beispiel: Der Beklagte wurde verurteilt, an den Kläger 1.000 EUR zu zahlen. Noch am Tag der Verkündung beauftragt der Kläger den Anwalt mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung.
Dem Anwalt obliegt die Verpflichtung, den Mandanten darüber aufzuklären, dass bei einer solchen Verfahrensweise die entstehenden Kosten nicht erstattungsfähig sind bzw. sein können. Besteht der Mandant nach Belehrung auf der Auftragserteilung, hat der Anwalt mit der nachfolgenden Aufforderung die Vollstreckungsgebühr verdient. Versäumt er die Aufklärung aber, macht er sich dadurch seinem Mandanten gegenüber schadensersatzpflichtig, sodass dem Verlangen einer Gebühr für diese Tätigkeit der Grundsatz des § 242 BGB entgegensteht: Treuwidrig handelt, wer etwas verlangt, das er umgehend wieder zurückgeben muss. Der Anwalt müsste die erhaltene Gebühr im Wege des Schadensersatzes wieder an den Mandanten zurückzahlen, er kann sie daher erst gar nicht verlangen. Man gelangt somit zu demselben Ergebnis wie die Auffassung, die Erteilung eines Vollstreckungsauftrags sei unter der Bedingung erteilt anzusehen, diese Vorgehensweise sei sachgerecht und die Kosten seien damit auch erstattungsfähig.
Rz. 462
Zur Leistung verpflichtet ist der Schuldner aber nicht erst, sondern spätestens, wenn die prozessrechtlichen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung erfüllt sind. Denn die Leistungspflicht besteht im Normalfall bereits aufgrund des materiell-rechtlichen Anspruchs, der durch das Urteil lediglich bestätigt wird. Nur wenn der titulierte Anspruch der materiellen Rechtslage tatsächlich nicht entspricht, wäre dies anders, wobei diese Tatsache die Zwangsvollstreckung allerdings nicht deswegen rechtswidrig machen würde. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass ansonsten Vorbereitungskosten der Zwangsvollstreckung nicht erstattungsfähig wären; gemäß § 788 Abs. 1 S. 2 ZPO zählen hierzu insbesondere die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des Urteils.
Beispiel: Der Gläubiger lässt das Urteil und die Klausel gemäß § 750 Abs. 1 und 3 ZPO durch den Gerichtsvollzieher zustellen. Die mit der Zustellung verbundenen Kosten sind solche der Zwangsvollstreckung (§ 788 ZPO), obwohl sie prozessrechtlich vor Beginn der Zwangsvollstreckung entstanden sind.