Rz. 109
Sind nach dem oben Dargestellten die Kosten des Verkehrsanwalts unmittelbar nicht erstattungsfähig, so können dessen Kosten jedoch in Höhe anderweitig ersparter Kosten zu erstatten sein.
Zu diesen anderweitig ersparten Kosten zählen insbesondere die Informationsreisekosten der Partei, die anderenfalls angefallen wären. Die Höhe der Informationsreisekosten der Partei richtet sich dann nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO i.V.m. den Vorschriften des JVEG.
Im Allgemeinen sind die durch die Beauftragung von Verkehrsanwälten entstehenden Kosten in Höhe der dadurch ersparten Kosten für Informationsreisen der Partei erstattungsfähig, wenn solche Reisen zweckmäßig gewesen wären. Das wird häufig der Fall sein, denn es ist das grundsätzlich schützenswerte Interesse der Partei anzuerkennen, ihren Prozessbevollmächtigten persönlich kennen zu lernen.
Rz. 110
Eine Ausnahme hiervon besteht allerdings nach ständiger Rechtsprechung des BGH, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Berufungsverfahrens feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Das kommt beispielsweise in Betracht bei einer Partei mit eigener Rechtsabteilung, die die Sache bearbeitet. In diesen Fällen ist nämlich davon auszugehen, dass die Partei im Allgemeinen in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten schriftlich und telefonisch zu instruieren. Andererseits ist aber ein Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung erstattungsrechtlich nicht gehalten, eine solche einzurichten. Wenn die Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten nicht zum Gegenstand des Unternehmens gehört, sondern rechtliche Auseinandersetzungen sich lediglich als Reflex der Teilnahme am Rechtsverkehr darstellen, kann nicht erwartet werden, dass eine Rechtsabteilung eingerichtet wird oder rechtskundige Mitarbeiter beschäftigt werden.
Rz. 111
Anders liegt es bei Verbänden, deren satzungsgemäße Aufgabe darin besteht, rechtliche Interessen ihrer Mitglieder oder bestimmter Gruppen wahrzunehmen und im Klagewege durchzusetzen. Dazu gehören die Verbände, denen eine gesetzliche Klagebefugnis eingeräumt ist, z.B. nach § 3 UKlaG, § 13 AGBG, § 8 UWG n.F., § 13 UWG a.F. Sie müssen nach dem Gesetz so ausgestattet sein, dass sie ihre Aufgaben erfüllen können. Für einen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, der sich damit befasst, Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht zu verfolgen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F., § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG n.F.), hat der BGH entschieden, er sei wie ein Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung zu behandeln. Ein solcher Verband muss personell, sachlich und finanziell so ausgestattet sein, dass er das Wettbewerbsgeschehen beobachten und bewerten kann; er muss auch ohne anwaltlichen Rat in der Lage sein, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße zu erkennen und abzumahnen. Ein Wettbewerbsverband, der über eine diesen Anforderungen genügende personelle Ausstattung verfügt, ist ebenso wie ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung regelmäßig in der Lage, einen Prozessbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts schriftlich zu instruieren.
Rz. 112
Für einen in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG eingetragenen Verbraucherverband gilt nichts anderes. Nach § 4 Abs. 2 S. 1, und S 4 Nr. 2 UKlaG ist Voraussetzung für die Eintragung und deren Bestand, dass der Verband Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet. Eine sachgerechte Aufgabenerfüllung ist aber ebenso wie bei einem Verband i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UKlaG, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG n.F. nur gewährleistet, wenn die dazu erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung vorhanden ist. Dazu gehört, dass der Verbraucherverband mit den ihm nach §§ 1, 2 UKlaG zustehenden Rechtsansprüchen und den Möglichkeiten ihrer Durchsetzung vertraut ist und den Verkehr mit Rechtsanwälten führen kann. Er muss dazu Mitarbeiter beschäftigen, die in typischen und durchschnittlich schwierigen Fällen auch ohne anwaltlichen Rat fähig sind, Verstöße gegen die §§ 307 bis 309 BGB und Verbraucherschutzgesetze i.S.v. § 2 UKlaG zu erkennen.
Rz. 113
Ein personell so ausgestatteter Verbraucherverband ist regelmäßig in der Lage, einen Prozessbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts schriftlich und telefonisch zu instruieren. Das schließt es nicht aus, die Mehrkosten, die durch die Hinzuziehung eines am Sitz des Verbandes ansässigen Rechtsanwalts entstehen, ausnahmsweise dann als notwendig anzuerkennen, wenn ein eingehendes persönliches Mandantengespräch erforderlich war.
Soweit nicht eine einfache Routineangelegenheit vorlag, wird man jeder Partei eine Informationsreise zu ihrem Verfahrensbevollmächtigten zugestehen müssen. In Höhe dieser ersparten Kosten sind daher die Verkehrsanwaltskosten zu erstatten. Die Höhe der Informationsreisekosten der Partei richtet sich nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO i.V.m. den Vorschriften des JVEG.