Rz. 104
Ebenso wie die Gebühr nach VV 4141 erhält der Anwalt die Zusätzliche Gebühr nach VV 5115 in Höhe der jeweiligen Verfahrensmittelgebühr (Anm. Abs. 3 S. 2). Faktisch handelt es sich hier also ebenfalls um eine Festgebühr (str.; siehe Rdn 104).
Rz. 105
Auch bei der Gebühr der VV 5115 ist die Staffelung nach der Höhe der Geldbuße zu berücksichtigen.
Rz. 106
Maßgebend für die Gebühr nach VV 5115 ist nicht die Verfahrensgebühr desjenigen Stadiums, in dem sich das Verfahren erledigt, sondern die Verfahrensgebühr des Stadiums, in dem anderenfalls die Hauptverhandlung stattgefunden hätte (Anm. Abs. 3 S. 1).
Beispiel: Gegen den Bußgeldbescheid über 100 EUR wird Einspruch eingelegt und dieser drei Wochen vor dem Hauptverhandlungstermin zurückgenommen.
Die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren bestimmt sich nach VV 5109, die Zusätzliche Gebühr ebenso.
Beispiel: Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde wird gegen den Bußgeldbescheid über 100 EUR Einspruch eingelegt und dieser noch vor Abgabe der Akten an das Amtsgericht wieder zurückgenommen.
Die Verfahrensgebühr im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde bestimmt sich nach VV 5103, die Zusätzliche Gebühr nach VV 5109. Im Ergebnis macht dies keinen Unterschied, da die Gebührenrahmen identisch sind. Gleiches gilt für die Gebühren bei 60 EUR Bußgeld (VV 5101/VV 5107). Anders verhält es sich dagegen bei den Gebühren über 5.000 EUR Bußgeld.
Beispiel: Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde wird gegen den Bußgeldbescheid über 10.000 EUR Einspruch eingelegt und dieser noch vor Abgabe der Akten an das Amtsgericht wieder zurückgenommen.
Die Verfahrensgebühr im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde bestimmt sich nach VV 5106 (Rahmen von 30 bis 250 EUR), die Zusätzliche Gebühr nach VV 5112 (Rahmen von 40 bis 300 EUR). Hier wirkt sich also die höhere Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren aus.
Rz. 107
Umgekehrt kann die Zusätzliche Gebühr auch geringer ausfallen als die Verfahrensgebühr, wenn sich die Höhe des Bußgelds verringert.
Beispiel: Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde drohte ein Bußgeld i.H.v. 70 EUR. Der Verteidiger erreicht, dass ein Bußgeldbescheid nur über 40 EUR ergeht. Hiergegen legt er Einspruch ein und nimmt diesen noch vor Abgabe der Akten an das Amtsgericht wieder zurück.
Die Verfahrensgebühr im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde bestimmt sich nach VV 5103, da hier ein Bußgeld von 70 EUR drohte. Die Zusätzliche Gebühr bemisst sich aber nach VV 5107, weil es im gerichtlichen Verfahren, in dem die Hauptverhandlung vermieden worden ist, nur noch um ein Bußgeld von 40 EUR gegangen wäre.
Rz. 108
Auch hier besteht – ebenso wenig wie bei VV 4141 – hinsichtlich der Höhe der Gebühr kein Ermessensspielraum. § 14 Abs. 1 ist nicht anwendbar. Faktisch handelt es sich um eine Festgebühr. Der Anwalt erhält hier jeweils eine Mittelgebühr. Eine Möglichkeit, besonders hohen Aufwand oder erhebliche Schwierigkeiten oder besonders geringen Aufwand oder unterdurchschnittliche Schwierigkeiten zu berücksichtigen, besteht nicht.
Rz. 109
Die gegenteilige Auffassung ist unzutreffend. Dies folgt aus der Anm. Abs. 3 S. 2, in der es heißt: "Für den Wahlanwalt bestimmt sich die Gebühr nach der Rahmenmitte." In der Begründung des Gesetzes ist dies leider – wie so häufig – nicht klar zum Ausdruck gekommen. Dort heißt es, dass "grundsätzlich" von der Mittelgebühr auszugehen sei. Die Vorschrift der Anm. Abs. 3 S. 2 macht jedoch nur dann Sinn, wenn man Sie mit der einhelligen Kommentarliteratur dahingehend auslegt, dass immer die Mittelgebühr geschuldet sei. Auch Sinn und Zweck dieser Regelung sprechen dafür. Der Gesetzgeber wollte an dieser Stelle bewusst den Streit über die Bemessung der Zusätzlichen Gebühr vermeiden, indem er von vornherein einen bestimmten Satz, nämlich die jeweilige Mittelgebühr, festgelegt hat.