Gesetzestext

 
 
Nr. Gebührentatbestand Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 13 oder § 49 RVG
Wahlanwalt gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt
5115

Durch die anwaltliche Mitwirkung wird das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde erledigt oder die Hauptverhandlung entbehrlich:

Zusätzliche Gebühr……

(1) Die Gebühr entsteht, wenn

1. das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird oder
2. der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgenommen wird oder
3. der Bußgeldbescheid nach Einspruch von der Verwaltungsbehörde zurückgenommen und gegen einen neuen Bußgeldbescheid kein Einspruch eingelegt wird oder
4. sich das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid oder der Rechtsbeschwerde des Betroffenen oder eines anderen Verfahrensbeteiligten erledigt; ist bereits ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, entsteht die Gebühr nur, wenn der Einspruch oder die Rechtsbeschwerde früher als zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, zurückgenommen wird, oder
5. das Gericht nach § 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG durch Beschluss entscheidet.

(2) Die Gebühr entsteht nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist.

(3) Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Rechtszug, in dem die Hauptverhandlung vermieden wurde. Für den Wahlanwalt bemisst sich die Gebühr nach der Rahmenmitte.
in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift der VV 5115 ist aus dem früheren § 105 BRAGO i.V.m. § 84 Abs. 2 BRAGO hervorgegangen. Im Gegensatz zur früheren Regelung wird nicht der Gebührenrahmen als solcher erhöht. Vielmehr erhält der Anwalt stattdessen eine Zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensmittelgebühr (str., siehe Rdn 104 ff.). Ungeachtet dessen kann die zu § 84 Abs. 2 BRAGO ergangene Rechtsprechung weitgehend auch für die Auslegung der VV 5115 herangezogen werden.

B. Regelungsgehalt

I. Entstehungsgeschichte

 

Rz. 2

Mit dem KostRÄndG 1994 war in § 84 Abs. 2 BRAGO die sog. Befriedungsgebühr eingeführt worden. Die Vorschrift war sprachlich misslungen und ist dann später durch das JuMiG vom 18.6.1997 neugefasst worden. Danach erhielt der Verteidiger im Strafverfahren auch außerhalb der Hauptverhandlung bei einer nicht nur vorläufigen Einstellung des Verfahrens oder bei rechtzeitiger Rücknahme des Einspruchs gegen einen Strafbefehl die Gebühr des § 83 Abs. 1 BRAGO in voller Höhe. Nach dem bis zum 30.6.1994 geltenden Recht erhielt der Verteidiger jeweils nur eine halbe Gebühr nach §§ 84 Abs. 1, 83 Abs. 1 BRAGO. Der Gebührenrahmen hatte sich damit im Falle der Einstellung oder der Rücknahme des Strafbefehls infolge der Gesetzesänderung verdoppelt. Diese Regelung war über § 105 Abs. 1 BRAGO auch im Bußgeldverfahren entsprechend anzuwenden, so dass sich auch hier die Gebühren nach § 105 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 84 Abs. 2 BRAGO auf eine volle Gebühr erhöhen konnten.

 

Rz. 3

Sinn und Zweck der Vorschrift des § 84 Abs. 2 BRAGO war es, für den Anwalt einen Gebührenanreiz zu schaffen, bereits frühzeitig daran mitzuwirken, dass eine Hauptverhandlung entbehrlich wird. Nach zuvor geltendem Recht stand sich der Anwalt nämlich besser, wenn das Verfahren erst in der Hauptverhandlung eingestellt wurde oder wenn er erst dort den Einspruch zurücknahm. Durch die Erhöhung seiner Gebühren außerhalb der Hauptverhandlung sollte der Verteidiger nach § 84 Abs. 2 BRAGO veranlasst werden, schon im Ermittlungsverfahren und im Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung intensiver und zeitaufwendiger daran mitzuwirken, dass es nicht mehr zur Hauptverhandlung kommen musste.[1]

 

Rz. 4

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Vorschrift des § 84 Abs. 2 BRAGO auch im Bußgeldverfahren uneingeschränkt gelten.[2] Eine besondere Regelung war nach seiner Meinung allerdings entbehrlich, da die Vorschriften des Sechsten Abschnitts der BRAGO im Bußgeldverfahren ohnehin entsprechend anwendbar sind. Hierbei hatte der Gesetzgeber allerdings übersehen, dass sich die Vorschrift des § 84 Abs. 2 BRAGO nicht ohne weiteres auf das Bußgeldverfahren übertragen ließ. Daher hatten sich zahlreiche Auslegungsprobleme ergeben, die jetzt aber weitgehend durch die Regelung in VV 5115 beseitigt worden sind.

[1] BT-Drucks 12/6962, S. 106.
[2] BT-Drucks 12/6962, S. 106.

II. Neue Regelung

 

Rz. 5

Die Regelung der VV 5115 sieht im Gegensatz zum früheren § 84 Abs. 2 BRAGO keine Erhöhung des Gebührenrahmens vor, sondern gewährt eine zusätzliche Festgebühr. Bei vorzeitiger Erledigung erhält der Anwalt eine Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensmittelgebühr. Es besteht also hinsichtlich dieser Gebühr kein Ermessensspielraum nach § 14 Abs. 1 (str.; siehe Rdn 104 ff.).

 

Rz. 6

Die früheren Streitfragen sind jetzt weitgehend geregelt. Die zusätzliche Vergütung kann der Anwalt in jedem Verfahrensabschnitt erhalten. Insbesondere reicht es aus, wenn der Anwalt im vorbereitenden Verfahren bereits den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid zurücknimmt. Darüber hinaus erhält der Anwalt die zusätzliche Vergütung jetzt auch im Rechtsbeschwerdeverfahren, und zwar sowohl be...

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