Rz. 26

Da die Wohnungseigentümergemeinschaft rechtsfähig ist,[18] soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt, gilt es hierbei folgende Besonderheiten zu beachten:

Ist der Rechtsanwalt vor der Anerkennung des Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch den BGH[19] durch die einzelnen Wohnungseigentümer persönlich oder durch einen Bevollmächtigten, z.B. den Verwalter oder einzelne Wohnungseigentümer, beauftragt worden, so sind weiterhin die einzelnen Wohnungseigentümer Auftraggeber.[20] Wenn also z.B. der Anwalt damit beauftragt wurde nach außen hin gegenüber einem Handwerker tätig zu werden, hatte er so viele Auftraggeber, wie Eigentümer der Gemeinschaft angehörten. Wurde andererseits der Auftrag erteilt, im Innenverhältnis die Interessen einzelner Wohnungseigentümer in einem Verfahren nach § 43 WEG zu vertreten, so hat er als Auftraggeber nur diejenigen Wohnungseigentümer, deren Rechte er auch vertreten sollte. Hieraus folgte also grundsätzlich, dass dem beauftragten Rechtsanwalt pro weiteren Auftraggeber die Erhöhung nach VV 1008 in Höhe von 0,3 zusteht.[21]

 

Beispiel: Der Rechtsanwalt vertritt eine WE-Gemeinschaft, bestehend aus 6 Eigentümern, und wird beauftragt, gegen den Gas- und Wasserinstallateur wegen fehlerhaften Einbaus einer Gastherme Schadensersatzansprüche von 5.000 EUR einzuklagen. Der Anwalt erhebt auftragsgemäß Klage. Nach mündlicher Verhandlung ergeht antragsgemäß ein Urteil. Er kann folgendermaßen abrechnen:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 5.000,00 EUR)   434,20 EUR
2. 1,5 Erhöhung für 5 weitere Auftraggeber, VV 1008   501,00 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 5.000,00 EUR)   400,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.356,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   257,64 EUR
Gesamt   1.613,64 EUR
 

Rz. 27

Etwas anderes galt nur in den Fällen, in denen der WEG-Verwalter als Verfahrensstandschafter Ansprüche der Gemeinschaft im eigenen Namen geltend macht. Auftraggeber gegenüber dem Anwalt ist dann lediglich der Verwalter.[22]

 

Rz. 28

Zu beachten ist, dass sich die Erhöhung maximal auf 2,0 beschränkt (VV 1008 Abs. 3). Dies kommt bei mehr als sechs weiteren Gesellschaftern zum Tragen.

 

Beispiel: Wenn also im obigen Beispiel (vgl. Rdn 26) der Anwalt von 10 Wohnungseigentümern beauftragt wird, ergibt sich folgende Abrechnung:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   434,20 EUR
2. 2,0 Erhöhung für 7 weitere Auftraggeber, VV 1008   668,00 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.523,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   289,37 EUR
Gesamt   1.812,37 EUR
 

Rz. 29

Aufgrund der BGH-Rechtsprechung[23] gilt, dass, wenn die WE-Gemeinschaft (teil)rechtsfähig ist, sie auch parteifähig ist und daher als Auftraggeberin gegenüber einem Rechtsanwalt auftreten kann. Hierbei ist jedoch zu unterscheiden, ob der Anwalt auf der Aktiv- oder der Passivseite steht.

aa) Anwalt ist aktivlegitimiert

 

Rz. 30

Wird der Anwalt – aktiv – im Namen der WE-Gemeinschaft beauftragt, ihr zustehende Ansprüche gegenüber Dritten zu realisieren, greift nach der BGH-Rechtsprechung der Erhöhungstatbestand nach VV 1008 nicht mehr. Auftraggeber ist nämlich nur die Gemeinschaft als solche. Im Beispiel oben (siehe Rdn 26) kann daher der Anwalt wie folgt abrechnen:

 
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   434,20 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 855,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   162,45 EUR
Gesamt   1.017,45 EUR
 

Rz. 31

Hinweis: Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn neben der Gemeinschaft einzelne Gesellschafter an der Verfolgung des Anspruches ein persönliches Interesse haben. In diesem Fall vertritt der Rechtsanwalt neben der Gemeinschaft auch die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft. Wenn also im Beispiel oben (siehe Rdn 26) neben der WE-Gemeinschaft noch drei Wohnungseigentümer persönlich aus dem Vertragsverhältnis gegen den Gegner vorgehen möchten, so ergibt sich folgende Berechnung:

 
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   434,20 EUR
2. 0,9 Erhöhung für 3 weitere Auftraggeber, VV 1008   300,60 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.155,60 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   219,56 EUR
Gesamt   1.375,16 EUR

bb) Anwalt ist passivlegitimiert

 

Rz. 32

Wird hingegen die WE-Gemeinschaft – passiv – in Anspruch genommen, so ergibt sich grundsätzlich für den beauftragten Rechtsanwalt keine Erhöhung gemäß VV 1008, wenn tatsächlich nur die Gemeinschaft als solches haftet. Wenn allerdings daneben ...

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